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Fragwürdiger Dienst-betr.: "Abschottung als Politik", taz vom 16.9.89

betr.: „Abschottung als Politik“, taz vom 16.9.89

J.Gottschlich lobt in seinem Leitartikel die SPD zu Recht wegen ihrer DDR-Dialog-Politik - an der habe sie auch festgehalten, als ihr in bezug auf die geplante Reise von der Bundesregierung Kollaboration mit der SED vorgeworfen wurde. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit:

In vor Empörung bebender Zurückweisung eben dieses Vorwurfs hat J.Vogel im Bundestag eine Rede gehalten (Tenor: Denen werden wir bei unserer Reise die Leviten lesen, daß es knallt!), die, bei einem Rest von Selbstachtung, auch eine weniger verklemmt-autoritäre DDR-Führung zur Besuchsabsage gezwungen hätte (während sie der heutigen realen als Anlaß vielleicht ganz willkommen war).

Die SPD hat sich damit einen klassischen Selbst-K.O. verpaßt - nichts bringt eben Sozialdemokraten seit Eberts Zeiten leichter um den politischen Verstand als der Vorwurf der Kommunistennähe. Und die Mauerköppe auf beiden Seiten haben sich auch in diesem Fall - Vereitelung einer wichtigen Reise mit Kontakten auch zur nichtoffiziellen Seite hin faktisch wieder einmal die Bälle zugespielt.

Das westliche Auf-die-Pauke-Hauen in dieser heiklen DDR -Situation ist für die Reformkräfte drüben ein sehr fragwürdiger Dienst.

Manfred Herz, Offenbach a.M.

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