: Barschel: Selbstmord amtlich nahegelegt
■ Die Genfer Justiz schließt die Akten zum Tode Uwe Barschels Die Zweifel am Selbstmord sind nicht endgültig ausgeräumt
Genf (taz) - Uwe Barschel starb an einer Medikamentenüberdosis. An seinem Körper und in seinem Hotelzimmer wurden keine Spuren von Gewaltanwendung gefunden, für eine Beteiligung Dritter an seinem Tod gibt es keinerlei Hinweise. So lautete gestern, fast zwei Jahre nach dem spektakulären Tod des früheren schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten, das Ermittlungsergebnis der Genfer Justiz.
In der Mitteilung von Untersuchungsrichterin Nadine wird ein Selbstmord des ehemaligen Ministerpräsidenten zwar nicht ausdrücklich festgestellt, jedoch sehr nahe gelegt. Zugleich wird ein Mord nicht explizit ausgeschlossen. Am 11. Oktober 1987, wurde Uwe Barschel tot in der Badewanne im Nobelhotel Beau Rivage gefunden. Vor allem der 'Spiegel‘, der die Barschel-Affäre im Spätsommer 1987 aufdeckte, verbreitete seit Anfang 88 die Selbstmordthese, die sich inzwischen in der veröffentlich ten öffentlichen Meinung durch gesetzt hat. Bewiesen wurde sie nicht.
Zahlreiche in Richtung Mord weisende Tatortindizien wurden bei den Ermittlungen zerstört oder nicht untersucht. Die vor Monaten bekanntgewordenen Untersuchungsberichte von Polizei und Gerichtsmedizin enthalten eine Fülle von Widersprüchen, was den Genfer Ermittlern herbe Kritik international renomierter Kriminologen eintrug. Die äußerst restriktive Informationspolitik der Genfer Justiz trug dazu bei, die Spekulationen über eine Ermordung Barschels durch die internationale Waffenhändlermafia anzuheizen. Der CDU -Politiker, der als Ministerpräsident und früherer Innenminister Schleswig-Holsteins in den illegalen Export von U-Bootplänen zumindest voll eingeweiht war und sich außerdem in der Schweiz mehrfach mit Personen aus dem Umfeld der Iran-Contra-Waffenaffäre getroffen hat, sei nach Auffliegen seiner Wahlkampftricks zum Risiko geworden lautet eine der Mordtheorien.
Barschels Bruder Eike warf noch in der letzten Woche der wie er formulierte „politischen Klasse in der Bundesrepublik“ vor, mit Hilfe der Justiz die Aufklärung der Todesumstände zu hintertreiben und die Ermordung seines Bruders zu vertuschen. Der heute zunächst nur der Familie Barschel übergebene Untersuchungsbericht, dürfte die bisherigen Widersprüche und offenen Fragen kaum klären. Bis Freitag können Mitglieder der Familie Einspruch gegen das Untersuchungsergebnis einlegen und dadurch weitere Ermittlungen auslösen.
Andreas Zumach
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