Bremer DGB-Chefsessel bis zuletzt umkämpft

■ Am Samstag entscheiden 70 DGB-Delegierte, ob die neue DGB-Vorsitzende Helga Ziegert oder Siegfried Schmidt heißen wird

Am Samstag entscheiden im Gewerkschaftshaus siebzig Delegierte, wer NachfolgerIn des Bremer DGB -Kreisvorsitzenden Heinz Möller wird. Zwei KandidatInnen sind noch immer im Rennen: Helga Ziegert und Siegfried Schmidt. Zwar war die Bewerberin Ziegert in zwei Vorläufen unterlegen, doch konnte sie dem Favoriten Schmidt wieder etliche Punkte abnehmen.

Helga Ziegert war von 1981 bis 1987 Landesvorsitzende der Bremer GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft). Sie arbeitet an der Gesamtschule-West und leitet die Redaktion der „Bremer Lehrer Zeitung“. Siegfried Schmidt dagegen hat zwar einen Geschlechts-, aber keinen Heimvorteil. Er kommt aus Braunschweig, wo er lange Jahre bereits die Position eines DGB-Kreisvorsitzenden ausfüllt. Da sein DGB-Kreis im Zuge einer DGB-Reform mit dem von Salzgitter zusammengelegt wird und einer der beiden Vorsitzenden-Posten weggespart werden soll, hat Siegfried Schmidt Interesse an einer Ortsveränderung. Ihm wird zugute gehalten, daß er auf dem Stuhl des DGB-Vorsitzenden seit langem sitzt und zudem die „billigere“ Lösung wäre, da er bereits auf der DGB -Gehaltsliste steht.

Die „Findungskommission“ des Bremer DGB-Kreisvorstands hatte mit knapper 3:2 Mehrheit

für den Braunschweiger Mann Schmidt entschieden. Die Stimme, die den Ausschlag gab, gehörte einer frauenbewegten Frau: Der ÖTV-Kreisvorsitzenden Gisela Hülsbergen.

Doch Gisela Hülsbergen nahm ihr Votum auf DGB- und ÖTV -Sitzungen wieder zurück. Sie hatte ihre Entscheidung gleich, nachdem sie gefallen war, bereut: „Ich hatte gegen meine eigenen Prinzipien verstoßen. Ich hatte gemeint, ich müßte so votieren, wie es meine Organisation, die ÖTV, von mir erwartet.“ Um unter ihren vorwiegend männlichen ÖTV -Kollegen die „Akzeptanz“ nicht zu verlieren, hatte sie für den organisationserfahreneren DGB-Mann Schmidt gestimmt. „Hätte ich als Vorsitzende des Frauenausschusses in der Findungskommission gesessen, wäre es keine Frage gewesen, daß ich für die Frau gestimmt hätte“, erklärte sie.

Die Vorsitzende des DGB-Kreisfrauenausschusses Monique Troedel (IG Medien), setzt sich ebenfalls für die Bremerin Helga Ziegert ein. Begründung: „Ein Bremen-Insider, der eine Frau ist - ein unerhörter Glücksfall.“ Hätte jedoch eine Braunschweiger Frau gegen einen Bremer Mann kandidiert, so hätte Monique Troedel sich für den Bremer eingesetzt: „Wir sind ein Stadtstaat mit hauseigenen Pro

blemen.“

Siegfried Schmidt erhielt - allen gewerkschaftlichen Quotierungsbebeschlüssen zum Trotz - die Mehrheit der Stimmen im DGB-Kreisvorstand (14:8), und ist somit einzig offizieller Kandidat. Die GEW will ihre Bewerberin Ziegert am Samstag aber wieder vorschlagen. Optimistisch sind die GEW'lerInnen aus mehreren Gründen, nicht nur auf

grund Gisela Hülsbergens Schwenk: Die 70 Delegierten, die am Samstag abstimmen, ließen sich zu einem nicht unerheblichen Teil nicht im vorhinein auf den Kandidaten Schmidt festlegen. Und bei der IG Metall wurden am 16.9. zudem zwei zusätzliche Frauen zu Delegierten gewählt, sodaß fast ein Drittel der Kreisdelegierten am Samstag weiblich sein wird. Die Quotierungsrege

lungen in den Einzelgewerk schaften beginnen, Wirkung zu zeigen. GEW-Geschäftsführerin Kröger: „Das Rennen wird spannend bleiben bis zum letzten Moment.“ - Spannend war auch die Wahl des derzeitigen Vorsitzenden Möller gewesen. Der war mit nur einer - beinahe für ungültig erklärten - Stimme Mehrheit zu seinem Job gekommen.

Barbara Debus