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„Gerichtsbekannter Kernkraftgegner“

Hamburger Gericht begründet Rausschmiß des schleswig-holsteinischen Energieminister aus dem HEW-Aufsichtsrat mit dem Ausstiegskonzept Jansens / Der Geschaßte will Beschwerde einlegen  ■  Von Gabi Haas

Hamburg (taz) - Gegen das Urteil des Hamburger Landgerichts, den schleswig-holsteinischen Energieminister Günther Jansen (SPD) aus dem Aufsichtsrat der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) zu entfernen, will Jansen Beschwerde einlegen. Den Antrag zum Rausschmiß hatte vor einem Jahr die „Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz“ (DSW) im Namen von einer Gruppe von HEW -Kleinaktionären gestellt, die insgesamt 26 Prozent des Stammkapitals halten. Begründet hatte die DWS ihren Vorstoß mit dem Ausstiegskurs von Jansen: Man könne es sich nicht gefallen lassen, daß der Aufsichtsrat mit Mitgliedern besetzt wird, „die erklärte Feinde derjenigen Energieform sind, die wir zu nahezu 89 Prozent verkaufen“.

Nachdem das Hamburger Amtsgericht dem Antrag der Aktionärsgruppe nicht folgen mochte, schloß sich das Landgericht jetzt den DSW-Argumenten vorbehaltlos an: Der „gerichtsbekannte Kernkraftgegner“ Jansen „setze unablässig alles daran“, die Atomkraftwerke der HEW abzuschaffen. Damit befinde sich der Atomgegner in einer „tiefgreifenden, andauernden und unlösbaren Pflichtenkollision“. Als Aufsichtsratsmitglied der HEW dürfe es ihm nicht um das „zentrale Anliegen des Gemeinwohls“, sondern ausschließlich um das Wohl der HEW gehen.

Jansen war nicht von der HEW-Hauptversammlung direkt gewählt, sondern vom Hauptaktionär Hamburg in den Aufsichtsrat entsandt worden. Aufsichtsratvorsitzender ist der Hamburger Umweltsenator Jörg Kuhbier (SPD), der sich zwar auch für den Atomausstieg ausspricht, aber innerhalb des Senats keine Mehrheit dafür hat. Die DSW empfahl ihm, angesichts des Hamburger Urteils „seine Positionen noch einmal zu überdenken“.

Jansen wies in seiner Stellungnahme darauf hin, daß auch die HEW-Satzung davon spreche, daß das Versorgungsunternehmen dem „öffentlichen Interesse verpflichtet“ sei. Seine Politik diene diesem Interesse.

Die schleswig-holsteinischen Grünen ermunterten den Minister inzwischen, sich gegen das Urteil zur Wehr zu setzen. Sie seien gerne bereit, Jansen für seine Beschwerde vor dem Oberlandesgericht „Entlastungsmaterial zur Verfügung zu stellen, aus dem sehr eindringlich hervorgeht, daß der Minister dem Atomkonzern HEW bislang gute Dienste geleistet hat“.

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