: Perversion
Zur Räumung der Ohlauer Straße29 ■ K O M M E N T A R
Sie erinnert an eine Naturkatastrophe. Alle sind machtlos, stinksauer, frustriert. Keiner wollte sie. Doch sie kam, unaufhaltsam und über Nacht. Die Räumung. Streng nach „Berliner Linie“, so der Innensenator. Nur einer wollte sie, bestellte sie - und kriegte sie. Einer jener Zeitgenossen, die mit Aktenköfferchen zwischen WBK, Behörden-Chefetagen, ihren dubiosen Firmengestrüppen und der Justizvollzugsanstalt hin- und herspazieren und dabei feste mit Krediten, dem Geld der Allgemeinheit und anderen Menschen jonglieren. Und keiner kann ihnen. Das Gesetz ermöglicht ihnen die Selbstbedienung. Wer dagegen schon auf der Straße sitzt, soll sich auch unter diesem Senat erst einmal „in die Warteschlange einreihen“ (Nagel) und darf sich auf keinen Fall selbst bedienen. Bloß: im Fall Ohlauer29 ziehen all diese Argumente nicht. Die BesetzerInnen werden den Anfang der Schlange nie erreichen, für die Sanierungsleiche im Dornröschenschlaf gab es auch nie eine Schlange. Um glaubwürdig zu bleiben und im Interesse einer fairen Behandlung aller Bevölkerungsgruppen stehen Bezirksamt und Senat jetzt erneut vor der Aufgabe mit allen Mitteln den obdachlosen „Trüffelschweinen“ ihre Bleibe wiederzugeben. Darüberhinaus gehört die Ohlauer29 auf den Hausaufgabenzettel der Politiker. Sie steht wieder einmal für das jahrelange tatenlose Starren auf ein im Lauf der Zeit völlig pervertiertes Eigentumsrecht und zudem auch für ein absolut sinnentstelltes Verständnis von „Hausfrieden“.
Thomas Kuppinger
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