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HdK gab Giftalarm

■ Rund 60 Räume im Neubau an der Lietzenburger Straße wegen eines Gutachtens über Formaldehyd-Ausdünstungen gesperrt

Auf gleich drei Etagen ihres Neubaus an der Lietzenburger Straße ließ gestern die Hochschule der Künste (HdK) vorsorglich rund 60 Seminar- und Musikübungsräume sperren. Betroffen sind von insgesamt sieben Etagen die vierte, fünfte und sechste, womit fast das halbe Gebäude dicht ist. Reagiert wurde damit auf ein in Auftrag gegebenes Gutachten der Bauverwaltung, daß in einem typischen Seminarraum eine Überschreitung der Grenzwerte für das Lösungsmittel Formaldehyd ergab. Anlaß für die Messung waren nicht abebbende Klagen von HdK-NutzerInnen über Kopfschmerzen und Geruchsbelästigungen. Formaldehyd kann Allergien auslösen und steht im begründeten Verdacht, Krebs zu erzeugen.

Dem HdK-Sprecher Rainer Klempke zufolge lag der Meßwert in einem weiteren untersuchten Übungsraum zwar unterhalb der sogenannten „Maximalen Arbeitsplatz-Konzentration“. Er habe sich aber immer noch über dem bewegt, was Spanplatten der niedrigsten Emissionsklasse E1 absondern dürfen. „Wir vermuten, daß das Formaldehyd aus der Spanplattenverkleidung der Akustikdecken kommt“, erläuterte Klempke. Treffe die neue Vermutung zu, ergebe sich ein „witziger Widerspruch“ zu den Versicherungen der verantwortlichen Firma, man habe nur Spanplatten dieser Emissionsklasse verwendet. Der Sprecher: „Wenn wir beweisen können, daß andere Platten verarbeitet wurden, werden wir gegen diese Firma Regreßansprüche geltend machen.“

Von einer anderen Ursache ging dagegen gestern der Sprecher der Bauverwaltung, Weninger, aus. Die in dem Seminarraum ermittelten übermäßigen Konzentrationen kämen laut den Feststellungen der Verwaltungsexperten eindeutig aus dort abgestellten Möbeln. Die Wissenschaftsverwaltung habe schon einen Ersatz dieser Holz- und Kunststoffmöbel durch metallenes Mobiliar zugestimmt. Somit beschränkten sich die Kosten der Formaldehyd-Sanierung auf den Anschaffungspreis der Möbel, der etwa 10.000 Mark betrage. Als nur ab und zu benutzter Geräteraum sei der fragliche Raum auch nicht mit den anderen Seminar- und Übungsräumen zu vergleichen, korrigierte Weninger den Hochschulsprecher. Konkrete Meßergebnisse konnten gestern aber beide nicht nennen.

In jedem Fall sei eine empfindliche Beeinträchtigung des Lehrbetriebs zu erwarten, wenn sich die eventuell doch notwendige Sanierung nicht bis zum Beginn des Wintersemesters am 16.Oktober abgeschlossen werden könne, sorgte sich Klempke. Die Entscheidung über weitere Maßnahmen wird ein von der Hochschule veranlaßtes ärztliches Gutachten bringen, daß Ende nächster Woche vorliegen soll.

thok

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