: Löcher im Steuersäckl
■ Der Bund der Steuerzahler stellt seinen Bericht über „öffentliche Verschwendung“ vor und klagt über Schildbürger, Seilschaften und Polit-Reisen
Bonn (dpa) - Rentenbescheide in Landshut über 60 Pfennig halbjährlich, vergessene Sozialräume im neuen Heidelberger Museum, vermeidbarer Lärm auf dem Friedhof im westfälischen Hückelshofen, Partykeller im Amtsgericht von Norderstedt sowie Lustreisen von Politikern aus Passau, Düsseldorf: Das sind Beispiele des Bundes der Steuerzahler in seinem am Montag veröffentlichten Bericht über die „öffentliche Verschwendung“. 66 haarsträubende Fälle legten Zeugnis darüber ab, „wie leichtfertig die öffentliche Hand mit den ihr anvertrauten Steuergroschen umgeht“, heißt es darin. 30 bis 40 Milliarden Mark würden so Jahr für Jahr verschwendet. Dabei zielen solche Vorwürfe nicht nur auf dreistellige Millionenbeträge wie im Falle der Frankfurter Oper oder Milliardensummen wie für den Ausbau des Flughafens München II. Es geht auch um Veruntreuungen, kleinere Verstöße und Bürokratie. So erhielt ein Bürger aus Plattling bei Landshut von der Landesversicherungsanstalt Niederbayern/Oberpfalz einen Rentenbescheid in Höhe von 60 Pfennig halbjährlich.
Als Schildbürgerstreich wertet der Bund der Steuerzahler auch die Bestellung eines Gutachters, der für 300.000 Mark im Auftrag der Stadt Berlin die Arbeit des dortigen Rechnungshofes überprüfen sollte. Unabhängig von den „Motiven der damaligen CDU-Fraktion“ weist die Steuerzahlerorganisation darauf hin, daß eigentlich der Rechnungshof die letzte Prüfungsinstanz ist, der „also wiederum die Ausgabe von 300.000 Mark für den Gutachter zu prüfen hätte“.
Unter die Rubrik „öffentliche Extratouren“ fällt bei der landeseigenen Berliner Wohnungsbaukreditanstalt die Einstellung eines neues Vorstandsmitglieds, dessen Forderung einer Gehaltserhöhung um 50.000 Mark jährlich erfüllt wurde. „Um das Gehaltsgefüge der übrigen Vorstandsmitglieder wieder ins Lot zu bringen, hob man deren Gehälter ebenfalls um 50.000 Mark pro Jahr an.“
Kritisch setzt sich der Bericht mit dem Rhein-Schwimmer Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) auseinander. Das „große Medienspektakel“ im September 1988 ging auf eine Privatwette zurück, in der Töpfer beweisen wollte, daß die Umweltverschmutzung des Rheins noch nicht so gravierend ist wie vielfach angenommen. Der Bund der Steuerzahler verlangte, daß für den Einsatz der zehn Polizeibeamten zumindest Gebühren erhoben würden.
Ein Ausflug des NRW-SPD-Fraktionschefs Friedhelm Farthmann mit 13 Mitgliedern des Haushaltsausschusses des Landtags nach Japan, Südkorea und Taiwan kostete „den Steuerzahler nur rund 130.000 Mark“. Die anschließende Empfehlung an die NRW-Regierung, engere Kontakte nach Korea zu knüpfen, sei, so der Steuerzahlerbund, „in der Tat eine bedeutungsvolle Neuigkeit“ gewesen.
In Linz sei der Bürgermeister Berthold Badem zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Mit Mitarbeitern des Tiefbauamtes habe er eine „Seilschaft“ gebildet, die sich Millionen-Aufträge zugeschanzt habe. Das Frisieren der Angebote habe ihm „unter anderem drei Autos und über 60.000 Mark an Schmiergeldern“ eingebracht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen