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Noriega: „Prügel und Blei“ für die Opposition

■ Repressionswelle nach dem Putschversuch in Panama / Ausnahmegesetze gefordert / Hauptquartier des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Endara überfallen / US-Militär telefonierte während der Rebellion mit Putschisten über Auslieferung Noriegas

Panama (afp) - In Panama kündigt sich nach dem gescheiterten Putsch gegen Armeechef Manuel Antonio Noriega eine neue Repressionswelle an. Oppositionsführer Guillermo Endara brachte sich am Donnerstag abend nach seiner zeitweiligen Festnahme in der Apostolischen Nuntiatur in Sicherheit und wollte nach Angaben aus diplomatischen Kreisen noch am Freitag das Land verlassen. Noriega selbst drohte vor Anhängern seinen Gegnern „Prügel und Blei“ an und forderte Ausnahmegesetze gegen die Opposition. Er rief die Bürger zu Spitzeldiensten auf, um vermeintliche Regimegegner aufzuspüren, die aus ihren Arbeitsstellen zu entlassen seien.

Am frühen Donnerstag nachmittag umstellten etwa 50 Polizisten mit Schnellfeuergewehren das Büro der „Authentischen Liberalen Partei“ (PLA) Panamas, wo sich Oppositionsführer Endara zu diesem Zeitpunkt aufhielt, und nahmen zwei seiner Mitarbeiter fest. Endara, Präsidentschaftskandidat der „Demokratischen Zivilen Oppositionsallianz“ (ADOC) bei den annullierten Wahlen vom 7. Mai, ist seit 20 Tagen im Hungerstreik, um die Bevölkerung des Landes zum Steuerboykott zu mobilisieren. Am Abend brachen 20 Polizisten die Metalltüren auf und drangen in das Parteibüro ein. Die Beamten schleiften Endara und zehn andere Oppositionelle mit im Nacken gekreuzten Armen ins Freie und transportierten sie ab. Bei der Polizeiaktion wurden auch mehrere anwesende Journalisten verprügelt. Auf Fürsprache des Apostolischen Nuntius und des spanischen Botschafters hin setzten die Behörden Endara kurz nach seiner Festnahme wieder auf freien Fuß.

In einer Ansprache vor mehreren tausend Sympathisanten in Santiago Veraguas, 250 Kilometer westlich der panamaischen Hauptstadt, beschuldigte Noriega die Putschisten, sie hätten ihn ermorden wollen, und gelobte, mit „eiserner Faust“ gegen die Opposition durchzugreifen. Der Militärmachthaber kündigte „Kriegsgesetze“ zur Sicherung seines Regimes an. „Man muß hier das alte spanische Prinzip anwenden: Prügel für die Unentschlossenen, Blei für die Feinde und Geld für die Freunde“, rief Noriega aus. Erneut warf er den USA und der Opposition vor, hinter dem Putsch zu stehen.

In Washington luden der Geheimdienstausschuß und der Streitkräfteausschuß des Senats Verteidigungsminister Richard Cheney und Generalstabschef Colin Powell für Freitag zu einer Befragung zur Haltung der USA während des Putsches vor. Scharfe Angriffe richtete vor allem der ultrakonservative republikanische Senator Jesse Helms gegen Regierung und Armeeführung. Die Putschisten hätten das US -Südkommando in der Kanalzone telefonisch gebeten, den gefangengesetzten Noriega in einem Hubschrauber abzuholen, jedoch habe der amerikanische Oberbefehlshaber dies abgelehnt, behauptete Helms. Nach seinen Informationen habe Noriega Putschführer Moises Giroldi persönlich erschossen, sagte er weiter. Auch der Christdemokrat Arias wußte in Panama zu berichten, Giroldi sei unter „zweifelhaften Umständen“ umgekommen.

Verteidigungsminister Cheney widersprach der Behauptung des konservativen Senators aufs schärfste und erklärte, die Putschisten hätten sich in dem Telefonat im Gegenteil ausdrücklich geweigert, Noriega auszuliefern. Die USA hätten ihnen keine Militärhilfe geleistet, da ihr Unternehmen zu keinem Zeitpunkt Aussichten auf Erfolg gehabt habe.

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