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Cocktail in Memoriam der Pariser Bürgerinnen

Frankreich gedenkt immer noch der Revolution / Diesmal dem Marsch der hungernden Fisch- und Marktweiber  ■  Aus Paris Irma Dohn

Jetzt weiß Frau es endlich. Sie hat das falsche Jubiläum gefeiert. Nicht der 14.Juli ist der Gedenktag der französischen Revolution, nein, der 5.Oktober. An diesem legendären Tag vor 200 Jahren war es, daß die Frauen von Paris sich nicht länger von den Männern mit klugen politischen Sprüchen abspeisen ließen, sondern ihre Sache selbst in die Hand nahmen, nach Versailles marschierten und Brot forderten - waren sie es schließlich doch, die täglich die leeren Mägen ihrer Kinder und Männer zu stopfen hatten.

Aus Anlaß dieses gewichtigen Ereignisses hat die staatstragende Sozialistische Partei Frankreichs, die in diesem Jahr aus dem Feiern überhaupt nicht mehr herauskommt, zu einem revolutionären Bankett geladen. Sie wird damit ihrem frauenfeindlichen Ruf voll gerecht, wurde sie doch schließlich von mehr als der Hälfte der französischen Frauen gewählt, und steigt auch die Zahl ihrer weiblichen Abgeordneten ständig - inzwischen bereits auf 15 Prozent. Damit ist Frankreich mit Griechenland gemeinsam Schlußlicht in Europa.

Wohl um die Frauen darüber hinwegzutrösten, wurde im Luxusrestaurant „La Concorde“ in den Tuilerien getafelt, einem historischen Ort, ging doch hier der Marsch der hungernden Fisch- und Marktweiber vor 200 Jahren vorbei. Und auch sonst stimmte das revolutionäre Ambiente: Die Wände waren geschmückt mit der Deklaration der Menschenrechte, auch wenn die Frauen darin gar nicht vorkommen (was aber im allgemeinen Festtrubel unterging). Die Speisekarte war blau -weiß-rot, und auf den Servietten tanzte die französische Marianne, Symbolfigur der Nation. Gekommen waren 200 repräsentative Gäste, in der Überzahl Frauen, besonders bei der Bedienung. Und vergessen hatte mann auch nicht die alten Kämpferinnen des „Mouvement de Liberation des Femmes“, die im Hintergrund der Rednertribüne plaziert waren, wo sie mit ihren zaghaften Buhrufen den Festakt wenig stören konnten. So beschränkten sie sich im Verlaufe des Abends darauf, ihr Wiedersehen zu feiern und sich alte Geschichten zu erzählen. Das Menü klang wahrlich revolutionär: Cocktail der Bürgerinnen, so hieß der Aperitif, es gab einen Vorspeisenteller a la Marktweiber, das Hauptgericht war nach „Olympe de Gouges“ benannt, und beim Cafe du Faubourg wurde schließlich noch der Arbeiterinnen aus dem damaligen Pariser Vorort Faubourg gedacht, die sich spontan dem Marsch angeschlossen hatten. Zu trinken gab es Riesling und Bordeaux du Bicentenaire, und am Schluß war die Stimmung so auf dem Höhepunkt, daß einige Frauen feministische Lieder anstimmten, worauf sie jedoch von den Herren der Schöpfung schnell wieder auf den Boden der Realität zurückgebracht wurden.

Die vielen Reden störten ein wenig beim Essen, doch am Schluß wurde es wieder mucksmäuschenstill, als nämlich Pierre Mauroy, der Erste Sekretär der Partei, das Resümee des Abends zog.

Einzig aus dem Rahmen fielen mal wieder die Deutschen, besser gesagt, eine deutsche Frau: die Berliner Senatorin Anne Klein. Sie schien den Anlaß wohl ernst zu nehmen, denn sie begrüßte die anwesenden Frauen doch tatsächlich mit „cheres soeurs“ und hielt eine feministische Rede. Was mal wieder das französische Vorurteil bestätigt, daß die deutsche Frauenbewegung humorlos ist.

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