Das taz-Geburtstags-Festereignis, Teil 1

■ Die „Scraps“, Frauenband mit Mann, spielen energische Tanzmusik für die Freunde des Ungewöhnlichen

Lagerhaus-Cafe, früher Abend. An einem der runden Tische im noch sanft rauschenden Zecher-Trubel treffen sich die „Scraps“, Frauenband mit Mann, und an einem Tag wie diesem, einem Donnerstag, treffen sie dort auch mich, den Journalisten, der näheres von ihnen wissen will. Fünf Frauen, ein Mann, das Sich-Treffen zieht sich. Man plaudert über dies und jenes und die Dreisteste zieht sich das begehrte TV-Wochenprogramm einer großen Zeitschrift an Land.

Der Ernst eines Pressegesprächs beginnt mit der Kaffeetasse, die Gedanken sammeln sich, die „Scraps“ werden zum Thema. Gegründet haben sie sich vor etwa zwei Jahren als reine Frauen-Band, um ihrer aller miesen Erfahrungen mit den männlichen Kollegen eine Konsequenz folgen zu lassen. Aufgeplustertes Konkurrenzgehabe in den gemischten Bands hatte ihnen das Leben schwer gemacht, jeder einzelnen, und so wollten sie es „mal probieren, nur mit Frauen“ und es funktionierte.

Die Atmosphäre in der Band sei gleich viel besser gewesen, „weniger beleidigend“, für jede haben sich plötzlich Freiräume aufgetan, die Musik eine Leichtigkeit gewonnen, die ganz neu war.

Um den Tisch geht es rund, aus allen Richtungen redet man auf

mich ein. Die Konfliktbewälti gung sei viel offener und direkter als in Männerbands, man platze sehr schnell und deutlich mit Äußerungen des Mißmuts heraus, das sei zwar manchmal hart, aber weniger verletzend und bisher habe man sich schließlich immer auf eine gemeinsame Lösung einigen können.

Mit dieser positiven Erfahrung mit der weiblichen Besetzung im

Gepäck und einigem lokalen Erfolg in der Hosentasche, traf man sich in Clive Grays Heimatstudio, um eine Demo-Cassette aufzunehmen. Clive mixte, fühlte sich von der Musik inspiriert, spielte heimlich einige zusätzliche Gitarren -Takes ein, die er den fünf Frauen schließlich vorspielte und wurde so - nach einer Woche Bedenkzeit - zum Mann in der Frauenband.

So hatten die „Scraps“, die sich eigentlich mehr als live -Band empfinden, im Studio ihre Form gefunden, wenn auch nur ihre äußere. Mit einem Mann an Gitarre und einem der Mikrophone waren sie fortan untauglich für reine Frauenfeste, und die Männer-Musiker-Welt blickte nach wie vor von einem etwas überhöhten Blickpunkt auf die Band herab. Irgendwie muß mann sich ja dage

gen verwahren, daß da einfach so eine Band kommt, lauter Frauen (!!), und einfache Musikergrundsätze, wie den täglichen Blick ins Fachblatt, um ja nicht die richtigste Gitarrensaite oder die neueste Entwicklung auf dem Bass -Boxen-Holz-Sägeblatt-Markt zu verpennen, mißachtet. Da kommen welche und machen einfach nur Musik, energische, quere, und haben noch nicht einmal einen „Leader“. Da kann mann nicht so einfach drüberwegkommen. Und dann ist diese Musik auch noch erfolgreich, weil sie etwas hat, was andere nicht haben, da steht die Welt kopf.

Die Leichtigkeit und Frische der gitarrenlastigen, ska -orientierten Independent-Pop-Musik der „Scraps“ ist es, die gelobt wird, der seltsame Stilmischmasch, der Stil hat, in dem die Identität der Band immer hörbar bleibt. Die Persönlichkeiten machen den Ton, und von persönlichen Tönen ist die Musik der „Scraps“ voll.

Woran es fehlt im Moment? „Tesa, Plakate und ein Vertrag“, so die Wunschliste. Eine Platte, das wäre schon was, doch will sich die Band dafür auch nicht verbiegen. Und letztlich, so die einhellige Selbsteinschätzung, „sind die 'Scraps‘ auf jeden Fall eine Live-Band“. Wir werden es sehen. step

Freitag, 13.10. Modernes