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„Club Monique“ vor Gericht

■ „Fördern der Prostitution“ zugegeben, aber „Zuhälterei“ nicht, Frau hätte der Puff „Spaß gemacht“

Der Mann auf der Anklagebank hat Mitte der 80er Jahre in Bremen zwei kleine Bordell-Bars unterhalten. Die eine, „Club Monique“, in der Neukirchstraße in Findorff; die andere, „Corinnas Residenz“ an der Horner Heerstraße. Daß er sich in diesen Etablissements der „Förderung der Prostitution“ schuldig gemacht hat, gibt der Angeklagte angesichts der Beweislage gerne zu. Weniger gerne hören er und sein Verteidiger, daß er sich auch als „Zuhälter“ betätigt haben soll. Auf „Zuhälterei“ stehen Strafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.

Im Zentrum des ersten Prozeßtages stand gestern die Aussage von Monika E. Diese Hauptbelastungszeugin gab gleichzeitig einen Einblick in das Seelenleben von Frauen, die solche „Karrieren“, wie die des Angeklagten auf ihrem Rücken erst möglich machen. „Vier Monate haben mich 150.000 Mark gekostet“, faßte sie vor Gericht ihre Zeit mit dem Angeklagten zusammen. Monat für Monat muß die früher vermögende Frau bis an ihr Lebensende 350 Mark abbezahlen.

Mit einer Stellen-Anzeige hatte alles angefangen. Monika E., vermögende Enddreißigerin und erwerbslose Sekretärin, stellte sich dem Herrn vor, der eine Bürokraft gesucht hatte. Sie war „geblendet“. Herr K., da

mals in Nadelstreifenanzug und silbermetallenem Mercedes, präsentierte sich ihr als „großer Baulöwe“. Als er ihr kurze Zeit später eröffnete, er sei mehr an einer persönlichen Beziehung interessiert, stimmte sie zu. Schon wenige Tage später lieh sie dem geliebten „Baulöwen“ 18.000 Mark, dananch noch einmal 20.000 Mark. Sie kutschierte den Mann ins Spielkasino, wo er das Geld verspielte - im Vertrauen darauf, daß der „Baulöwe“ hohe geschäftliche Einnahmen zu erwarten hatte und nicht ahnend, daß der Mann gleichzeitig auf ihre und auf die Kosten einer andereren Lebensgefährtin lebte. Schließlich war das Geld alle. Der Mann befahl ihr, eine Zeitung zu holen. Sie gehorchte. Der Mann suchte ihr eine Stelle als „Bardame“ heraus in Ahlhorn. Sie fuhr in das Bordell - und kam am nächsten Tag sofort zurück: „Ich ekelte mich vor dem Geschäft, weigerte mich gegenüber Herrn K., dort wieder hinzufahren.“ Herr K. sieht dies übrigens vor Gericht ganz anders: „Ich bin der Meinung, daß ihr das sehr viel Spaß gemacht hat, das Geschäft.“ Monika E. jedenfalls fuhr nicht mehr in das Bordell nach Ahlhorn, ließ sich aber breitschlagen, in einem Puff in Zeven vierzehn Tage lang zu arbeiten. K. saß meistens abends dort in der Bar und kassierte ihren Lohn, so der

Bericht von Monika E.

Schließlich eröffnete Herr K. sein eigenes Bordell, den Findorffer „Club Monique“. Beim Notar ließ er zudem alle möglichen finanziell verpflichtenden Verträge vorbereiten, die Monika E. alle blindlings unterschrieb.

Monika E. ging an Vormittagen im „Club Monique“ anschaffen, sie ließ es auch zu, daß K. all ihre Möbel in den Club abtransportierte. Mitte September war ihre Schmerzgrenze erreicht. Sie wollte „aussteigen“ und forderte ihr Geld wieder. K. schüttete ihr

heißen Kaffee ins Gesicht. Am 9. November, dieses Datum weiß sie auch nach fünfeinhalb Jahren noch genau, am 9. November 1984 stieg sie mit Unterstützung eines Gastes endgültig aus dem „Club Monique“ und aus dem Verhältnis mit K. aus.

Die beiden Berufsrichter und vor allem Verteidiger Joester versuchten, die Frau dahin zu bringen, sich dennnoch als Mittäterin im Bordellbetrieb zu verraten. Monika E. verwahrte sich: „Bin ich hier als Angeklagte oder als Zeugin?“

B.D.

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