: Ein Vierteljahrhundert im Knast
Wer die acht Oppositionspolitiker sind, die Südafrikas Premier jetzt freilassen will ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
Walter Sisulu wurde 1912 als Sohn eines weißen Vorarbeiters und einer schwarzen Frau im Homeland Transkei geboren. Als der Vater die Familie verließ, zogen die Mutter und beide Kinder nach Johannesburg. Sisulu mußte die Schule im Alter von 15 Jahren verlassen. Er arbeitete in einem Bergwerk, einer Molkerei, als Fabrikarbeiter und als selbständiger Grundstücksmakler. Seine gewerkschaftliche Tätigkeit führte wiederholt zu seiner Entlassung. Sisulu schloß sich 1940 dem Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) an. 1943 war er zusammen mit Nelson Mandela und dem heutigen ANC -Präsdenten Oliver Tambo einer der Mitbegründer der ANC -Jugendliga. Von 1949 bis 1954 war Sisulu ANC -Generalsekretär. Danach wurde er verbannt. Unter dem Einfluß der Jugendliga begann der ANC mit einer Protestkampagne, die 1960 zu dessen Verbot führte. Daraufhin wurde die ANC-Armee „Umkhonto we Sizwe“ (Speer der Nation, genannt MK) gegründet. Sisulu tauchte 1963 unter, um sich dem bewaffneten Kampf gegen Apartheid anzuschließen. Wenige Monate später wurde er verhaftet und zusammen mit Mandela und anderen im berühmten „Rivonia„-Verfahren 1964 zu „lebenslänglich“ verurteilt. Bis 1982 hielt man den jetzt 77jährigen auf der Gefängnisinsel Robben Island bei Kapstadt fest. Zur Zeit sitzt er im Kapstadter Pollsmoor-Gefängnis.
Oscar Mpetha (80) ist ein Präsident des Oppositionsbündnisses Vereinigte Demokratische Front (UDF). Er wurde 1983 wegen „Terrorismus“ zu fünf Jahren Haft verurteilt, trat seine Strafe jedoch erst 1985 an, nachdem eine Berufung abgelehnt wurde. Mpetha ist schwer zuckerkrank, und eines seiner Beine mußte deshalb amputiert werden. Er verbringt seine Haft im Groote-Schuur-Krankenhaus in Kapstadt. Mpetha war in den 50er Jahren ANC-Vorsitzender in der Kapprovinz und Mitbegründer des oppositionellen Gewerkschaftskongresses SACTU.
Die Mitangeklagten Mandelas und Sisulus im „Rivonia„ -Verfahren, die sich noch im Gefängnis befinden, sollen ebenfalls in Kürze freigelassen werden:
Ahmed Kathrada (60) war in den 40er Jahren Mitglied der südafrikanischen kommunistischen Partei und Generalsekretär des „Inderkongresses im Transvaal“ (TIC), der unter seiner Führung enge Beziehungen zum ANC aufbaute. Er wurde in den 50er und frühen 60er Jahren wiederholt verhaftet und verurteilt. Auch er ging 1963 in den Untergrund.
Elias Motsoaledi (65) war Mitglied des ANC, der SACP und von SACTU in Johannesburg. In den 40er Jahren war er besonders in Gewerkschaften aktiv. Er wurde 1952 verbannt und tauchte schon 1960 unter, um einer der Leiter von MK zu werden.
Andrew Mlangeni (61) war in den 40er Jahren Journalist der oppositionellen Zeitung 'New Age‘. Er beteiligte sich an der Widerstandskampagne 1952 und schloß sich danach in Johannesburg dem ANC an. Er war einer der Mitbegründer von MK.
Raymond Mhlaba (65) war in den 40er und 50er Jahren in Port Elizabeth gewerkschaftlich aktiv. Er ist Mitglied des ANC und der SACP.
Wilton Mkwayi (66) war Gewerkschafter in Port Elizabeth und Schatzmeister von SACTU. Er spielte eine führende Rolle in den ANC-Kampagnen der 50er Jahre und übernahm die Führung von MK, nachdem Sisulu und die anderen verhaftet wurden. Dann wurde er selbst 1964 festgenommen und zu lebenslänglicher Haft verurteilt.
Der achte Gefangene ist Jafta Masemola (61), Mitglied des Panafrikanistischen Kongresses (PAC), einer vom ANC abgespaltenen Befreiungsorganisation. Er erhielt 1963 wegen Sabotage „lebenslänglich“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen