Druck der Opposition auf Südafrika erfolgreich

Angekündigte Freilassung von Walter Sisulu und sieben anderen politischen Gefangenen im Kontext des internationalen Drucks auf das Apartheidregime / Regierung de Klerk und Margaret Thatcher wollen Sanktionen und Umschuldung um jeden Preis verhindern  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Die Ankündigung der bevorstehenden Freilassung von acht prominenten südafrikanischen politischen Gefangenen ist weltweit begrüßt worden. „Ich begrüße diese Entscheidung ausdrücklich“, sagte die britische Premierministerin Margaret Thatcher, der die Freilassungen besonders gut ins Konzept passen. „Wir alle hoffen, daß dies zur Freilassung von Nelson Mandela und zur Wegbereitung für Verhandlungen über eine neue Verfassung für Südafrika führen wird.“ Südafrikanische Oppositionssprecher betonten, daß Druck auf die südafrikanische Regierung Erfolg gebracht hätte.

Der prominenteste der Gefangenen ist Walter Sisulu (77), ehemaliger Generalsekretär des verbotenen Afrikanischen Nationalkongresses (ANC). Ebenfalls freigelassen wird Oscar Mpetha (80), ein schwerkranker Präsident des Oppositionsbündnisses Vereinigte Demokratische Front (UDF). Fünf Mitstreiter von Sisulu und Nelson Mandela, Ahmed Kathrada (60), Elias Motsoaledi (65), Andrew Mlangeni (61), Raymond Mhlaba (65) und Wilton Mkwayi (66) erwartet ebenfalls die Freiheit. Der achte ist Jafta Masemola (61), ein Mitglied des Panafrikanistischen Kongresses (PAC).

Thatcher wird ihren Widerstand gegen wirtschafliche Sanktionen gegen Südafrika nächste Woche in Kuala Lumpur, Malaysia, vor dem Gipfel der Commonwealthstaaten verteidigen müssen. Sie wird behaupten, durch ihre Politik der Gesprächsbereitschaft mit Südafrika die Freilassung wichtiger politischer Gefangener bewirkt zu haben.

Zweifellos ist der Zeitpunkt der Ankündigung durch Südafrikas Präsidenten Frederick W. de Klerk auf den kommenden Commonwealthgipfel zurückzuführen. Gegner der „Iron Lady“ können deshalb mit Recht darauf hinweisen, daß genau die Angst vor Sanktionen zu diesem Schritt geführt hat. „Ihre Freilassung ist ein Sieg für die internationale Solidaritätsbewegung, die Sanktionskampagne und die Kampagne zur Isolierung des Regimes“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Oppositionsbündnisses Vereinigte Demokratische Front (UDF) und der Gewerkschaftsföderation Cosatu.

Zum Zeitpunkt der Ankündigung am Dienstag abend führten UDF - und Cosatu-Führer erstmals gemeinsame Konsultationen mit Nelson Mandela in dessen Gefängnishaus bei Paarl, 50 Kilometer nördlich von Kapstadt. Unter den Anwesenden waren UDF-Präsidentin Albertina Sisulu, Frau von Walter Sisulu, und Cosatu-Präsident Elijah Barayi. Sie feierten die Ankündigung mit Mandela, betonten jedoch, daß Mandelas eigene Freilassung nach eigenen Angaben noch kein Thema sei.

In der Tat wurden die Freilassungen offenbar in Verhandlungen zwischen Mandela und der Regierung beschlossen. „Herr Mandela ist bestens informiert über diese Freilassungen“, sagte de Klerk in seiner Ankündigung. „In der Tat wurde mit ihm darüber diskutiert, und er bestätigte erneut, daß seine eigene Freilassung jetzt nicht auf dem Programm steht.“ Offenbar hatten der Minister für Verfassungsfragen Gerrit Viljoen und der Justizminister Kobie Coetsee noch am Dienstag mit Mandela gesprochen.

De Klerk betonte, daß die Freilassungen nach Ansicht der Regierung nicht zu Unruhe und Gewalt führen würden, sondern daß „friedliche Beziehungen durch eine solche Freilassung gefördert werden“. Den genauen Zeitpunkt der Freilassungen gab der Präsident allerdings noch nicht bekannt, da „die notwendigen Formalitäten einige Zeit dauern könnten“. Die vorherige Forderung der Regierung, daß politische Gefangene als Vorbedingung für ihre Freilassung Gewalt als Mittel politischer Veränderung verurteilen sollen, ist stillschweigend aufgegeben worden. Alle acht sollen bedingungslos entlassen werden. Allerdings zeigte die Freilassung des führenden ANC-Mitglieds Govan Mbeki Ende 1987, daß die Bedingungslosigkeit nicht halten muß. Als Mbeki plante, politische Versammlungen abzuhalten, wurde er kurzerhand in seine Heimatstadt Port Elizabeth verbannt.