: CSSR: Alles unter Kontrolle der KP?
■ Zum Auftakt eines zweitägigen Plenums sprechen sich die Genossen vom ZK der KP der CSSR gegenseitig Mut zu / Generalsekretär Milos Jakes sorgt sich um Nachbarländer Polen und Ungarn
Prag (afp/taz) - Zum Auftakt eines zweitätigen ZK-Plenums der tschechoslowakischen KommunistInnen beschrieb der Generalsekretär der KPTsch, Milos Jakes, die Lage in der CSSR als „stabil“. Sorgen bereiteten ihm allerdings die Entwicklungen in den Nachbarländern Ungarn und Polen. Eine „neue Erscheinung“ sei die Unterstützung antisozialistischer Kräfte in der CSSR seitens „verschiedener oppositioneller und legaler Gruppen“ aus osteuropäischen Ländern, wozu er auch die Sowjetunion zählte. Die Politik der „Umstrukturierung und Demokratisierung“ der KPTsch könne sich „auf die Bevölkerung stützen“. „Wir werden nicht nachlassen im Kampf gegen die antisozialistischen Kräfte und die vom Ausland unterstützten Oppositionsgruppen, die den Sozialismus in der CSSR destabilisieren und die Führungsrolle der KP schwächen wollen.“ Reformfreudigeren Genossen erteilte Jakes, ein farbloser Technokrat aus dem Apparat, eine deutliche Abfuhr. Für die CSSR gebe es keinen Anlaß, die eingeleiteten Reformen zu beschleunigen.
Von politischen Reformen konnte in der CSSR bisher noch keine Rede sein. Auch die Veränderungen in der Wirtschaft haben noch keine qualitative Verbesserung gebracht. Im August hatte der ZK-Funktionär Hegenbart gegenüber der sowjetischen Regierungszeitung 'Iswestija‘ offen die Notwendigkeit politischer Umgestaltung in der CSSR eingeklagt und im Falle ihres Ausbleibens dem Land eine verheerende Zukunft vorausgesagt. Auch der widersprüchliche Umgang mit der Opposition, die in diesem Jahr relativ offen agieren konnte, deutet auf Interessenunterschiede innerhalb der Partei hin. In diesem Zusammenhang muß auch Jakes Appell an die 1,7 Millionen Parteimitglieder gesehen werden, die Reihen fest zu schließen und sich nicht „von Zweifel, Labilität und Defätismus“ hinreißen zu lassen, die von „unverantwortlichen Elementen“ verbreitet würden.
Auch Vaclav Havel hatte Anfang dieser Woche auf die widersprüchliche Lage in der CSSR hingewiesen, die keine eindeutige Prognose zuließe, aber auf Bewegung deute.
khd
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