: Karsten Voigt nimmt Grünen Illusionen
Der SPD-Politiker setzt den Grünen die Pistole auf die Brust / Entweder hielten sie an ihrem Koalitionsangebot mit der SPD oder an ihren Nato-Beschlüssen fest / Beides, so der SPD-Linke, geht nicht ■ Von Charlotte Wiedemann
Bonn (taz) - Für den SPD-Außenpolitiker Karsten Voigt sind die Grünen als parlamentarischer Partner „unkalkulierbar“ und „nicht akzeptabel“, solange sie an wesentlichen Beschlüssen zur Außen- und Sicherheitspolitik festhalten. Karsten Voigt war einer der Teilnehmer der rot-grünen Runde im Schloß Crottdorf. Er war auch bei einem Treffen von Linken beider Parteien dabei. Auf einer gestrigen Pressekonferenz in Bonn forderte er nun die Grünen nicht etwa auf, ihre Beschlüsse, vor allem den zum Nato-Austritt, zu revidieren, sondern er wies nur auf einen Widerspruch hin: „Entweder die Grünen meinen das Koalitionsangebot ernst oder ihre Beschlüsse. Beides geht nicht.“
Die Grünen dürften sich um diese Frage bei ihrer anstehenden Programmdebatte nicht „taktisch herummogeln“. Voigt: „Eine Situation, wo die Grünen vor den Wahlen das eine sagen und nachher das andere machen, ist nicht erträglich.“ Dafür dürfte der SPD-Politiker Zustimmung von verschiedenen Flügeln der Grünen bekommen - von der kleinen Minderheit der Koalitionsskeptiker ebenso wie von jenen, die eine Regierungsbeteiligung vehement befürworten und bei den außenpolitischen Positionen ohnehin „Änderungsbedarf“ (Ruth Hammerbacher) sehen.
„Die Bereitschaft der Grünen zur Koalition ist irrelevant, solange die realistische Basis dafür nicht erörtert wird.“ Mit diesem Fazit wendet sich Voigt vor allem gegen den Grünen-Politiker Alfred Mechtersheimer. Der Friedensforscher, der sich bereits als Kandidat für ein rot -grünes „Abrüstungsministerium“ ins Gespräch brachte, sieht nämlich in der Programmatik beider Parteien „kein Hindernis für eine gemeinsame Regierungsverantwortung“. Er möchte die Zugeständnisse, die die Grünen in einer Regierung machen müßten, als „erste Schritte“ auf dem Weg zu radikaleren grünen Zielen sehen. Darum sei ein Bündnis mit der Nato -Partei SPD kein Widerspruch zur Grünen-Programmposition, die Nato für nicht reformierbar zu halten.
Durch diese Rechnung macht Karsten Voigt einen klaren Strich: „Die Zustimmung zu reformerischen Gemeinsamkeiten impliziert zugleich die Preisgabe eines jeden außen- und sicherheitspolitischen Fundamentalismus für die Dauer der Regierungskoalition.“
Wenn die Grünen beispielsweise gemeinsam mit der SPD die atomaren Gefechtsfeldwaffen beseitigen, dann bedeute dies „faktisch, daß sie während ihrer Regierungszeit eine Mitverantwortung für die dann noch geltende nukleare Abschreckungsstrategie der Nato übernehmen“. Die Grünen würden durch ihre Teilnahme an einer reformorientierten Regierung „auch an einer Reform der Nato und ihrer Politik“ mitwirken und nicht, wie Mechtersheimer glaubt, an der „Schwächung und Desintegration“ der Nato, meint der SPD -Politiker.
Karsten Voigt läßt beim Aufzeigen des künftigen politischen Leidenswegs der Grünen nichts aus: Sie müßten die Wehrpflicht anerkennen, fortdauernde Rüstungsexporte unterschreiben und zahlreichen militärischen Beschaffungsmaßnahmen zustimmen. Auf all dies müßten sie sich verbindlich einlassen, um der SPD ein verläßlicher Partner zu sein.
Die Grünen könnten sich für den Beitrag des SPD-Politikers bedanken, bringt er doch die Dinge klarer auf den Punkt als es in Grünen-Debatten üblich ist. Und immerhin ist Karsten Voigt einer, der von sich sagt: „Ich gehöre zu denjenigen, die für die SPD die Möglichkeit auch einer rot-grünen Zusammenarbeit auf Bundesebene eröffnen wollen.“
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