: Kunst und Magenschmerzen
■ „uniart“ - eine Ausstellung von Bremer StudentInnen der Kunstpädagogik
Etwa 400 StudentInnen der Uni Bremen sind im Fach Kunstpädagogik eingeschrieben und dürfen davon ausgehen, daß sie in diesem Leben nicht mehr die Möglichkeit haben, als KunstlehrerIn arbeiten zu können. Was treiben diese Menschen an der Uni warum? In einem mehrsemestrigen Projekt „Werkprozeß und Präsentation“ mit den Hochschullehrern Klaus Matthies und Hans-Walter Nutbohm versuchte eine Gruppe von 40 KunstpädagogInnen in spe, eine Standortbestimmung der „Unikunst“ vorzunehmen. 'Planung und Durchführung‘ einer Ausstellung mit in den letzten drei Jahren entstandenen Kunstwerken lautete die Aufgabe, zu den Lernzielen gehörte die Bestimmung von Maßstäben. Denn es galt, auszuwählen.
„Uniart“ heißt das Ergebnis von „zwei Jahren Magenschmerzen“ (Matthies), das im Fotoforum in der Böttcherstraße zu sehenist. Denn das ging nicht ohne Blessuren ab, das Ringen um Kriterien, Konkurrenz, und wer wollte die Chance verpassen, in den schicken Katalog aufgenommen zu werden? Ein bißchen Identität als „richtiger“ Kunstmensch, die die diffuse Existenz als Kunstpädstudi so verwehrt.
„Kunstpädagogik“: Das hieß in den roten Kaderschmiedesiebzigern noch „visuelle Kommunikation“, überhaupt war die Medienkunde viel relevanter als ein leibhaftiger Pinselstrich. „Das Kind wurde mit dem Bade ausgeschüttet“, beschreibt Nutbohm die Austreibung der ästhetischen Praxis aus dem Studium. Kein Platz dafür, kein Geld, keine Scheine. 1989 sprechen StudentInnen von „Sinnlichkeit“, „Ventilfunktion“, „Selbstreinigungsprozeß“ und dem „antirationalen Überschuß an Bildlichkeit“. Die Kunstpädagogik steht 1989 ohne Perspektive da. Oder ist heimlich der Hochschule für Künste eine Konkurrenzanstalt erwachsen?
Die verwirrend vielen Kunstobjekte in der Böttcherstraße jedenfalls sind zum Teil nicht ohne Ambition. Malerei und Fotografie, Zeichnung, Serigrafie, Radierung, Plastik/Objekt, Inszenierung, Video, Schrift lauten die Fächer, in denen die studentischen Arbeiten entstanden, die sich heute der Öffentlichkeit stellen. „Kunst wird ohne Öffentlichkeit nicht Kunst“, sagt Matthies, um schnell einzuschränken: „Dies ist keine Kunstschau!“ Gegen Galerieinteresse hätte man gleichwohl nichts einzuwenden.
Nimmt man die Arbeiten etwa von Dodo Richter-Glück, Rainer Kosubek, Ulrich Jork oder Andreas Henzel, so findet man überhaupt keine Spuren von klebrig-schwitziger Seminartätigkeit mehr, sondern stilistisch prägnante Ergebnisse avancierten Kunstschaffens.
„Qualität“ heißt das Zauberwort, mit dem auch die Kunstpädagogik sich aus der Existenzkrise ziehen will, wohin auch immer. „Wir setzen zum ersten Mal kollektiv einen Maßstab“, so qualifizieren die Hochschulleh
rer die „uniart“, und hoffen fein didaktisch auf Tiefenwirkung in die Uni zurück. Daß „uniart“ eher zu einer proppenvollen Breitenleistungsschau gerät, sehen die OrganisatorInnen nicht nur mit lachendem Auge. „Ich begrüße es sehr, daß die Universität auch auf diese Weise dokumentiert, wie haltlos der ... Vorwurf einer einseitigen Technikorientierung ist“ (Kunstsenator Franke im Katalog). Daß der sich die Ausstellung an die Brust heftet - das möchten sie nun gar nicht. Bu
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