DAS GRÖSSTE GEHEIMNIS

■ Von Adelia Prado

Das größte Geheimnis, das ich beim männlichen Geschlecht finde, ist in der Tat die Überfülle, fähig des Auftriebs vom zartesten Alter an, auf der Suche wonach? Immer wenn Tante Noca den kleinen Zico mitsamt dem Paulinho in den Waschzuber steckte, ging augenblicklich das Dingchen hoch, und sie wurde fuchtig: Tu das runter, Bengel, sofort runter damit, sonst gibt's Prügel. Gewisse Psychologien haben die Dinge heftig verteufelt, ihre schmutzige Nase in alles mögliche gesteckt, dieselbe Einmischerei betrieben wie seinerzeit die Kirche mit ihrer Geißel. Der fröhlichste Leib, den ich kennengelernt habe, war mein eigener, bis man mir den Sinn der Lilien auf den Heiligenbildern erklärte.

Jetzt, in meiner Lebensmitte, bin ich ruhiger geworden. Als Kind wollte ich oft ein Junge sein, bloß wegen des Schwengels, der mir fehlte; ich sah Macht darin, und niemals, in nichts wollte ich hinter jemandem zurückstehen, zurückstehen heißt für mich unterlegen sein. Ich muß das klarstellen, weil es sehr böswillige Leute gibt, die in allem gern etwas Schmutziges sehen. Dies ist ein schwer zu erörterndes Thema: Mann und Weib. Es ist schwerer, Dinge zu verstehen als Seelen.

Eines Tages betrachtete ich lange eine Ananas und kam zu dem Schluß, daß ich Gott besser verstand als jenes dickschalige Ding. Eben deshalb fasziniert mich die Gegenständlichkeit der Welt, die dichte und dampfende Masse des Maisbreis. Ich wäre der unglücklichste Mensch auf Erden, gäbe es nicht die Auferstehung. Da es sie aber gibt, ziehe ich, auch wenn ich nun allmählich alt und krumm werde, pfeifend hinaus und hüpfe auf einem Bein vor lauter Zufriedenheit. Der Leib ist konkurrenzlos. Sieh nach, ob ich unrecht habe; ich liebe Gott im Geiste, aber mit meinem Leib; wer nämlich über dem Boden schwebt, ist er; er ist's, der reglos auf dem heiligen Berge verharrt und die Wundmale und die Gesetzestafeln empfängt.

Fast schweife ich ab. Es gibt den machismo, er treibt sich heimlich herum, steckt in allen Ecken und Ritzen. Wenn du willst, kannst du hier eine zotige Bemerkung machen. Meinetwegen. Ich will mir bloß Luft machen. Sie gehen mir auf die Nerven: der Papst, der Staatspräsident, der Minister, der Bürgermeister, seine Magnifizenz der Rektor, der Metzger, der Bäcker, der Priester, mein Vater, mein Großvater, mein Bruder, mein Sohn, der Vater meines Sohnes, der Erzengel Gabriel, Satan - alles Männer. Zuzu der Herrenfriseur pflegte zu sagen: Meine Schwiegermutter ist eine Frau. Bei sich zu Hause war er der einzige Mann. Aber Zuzu war ein Spaßvogel, er redete, um die Leute zu erheitern.

Ich rede im Ernst, und wenn ich rede, so hat das Gewicht, denn von klein auf mag ich Männer. Reines Mädchenspielzeug hat mir niemals Spaß gemacht, ich gehe zu keinen Damenkränzchen und in keinen Klub, wo Männer nicht Zutritt haben. Ich glaube, daß ich recht habe; im Buch der Bibel, gleich auf der ersten Seite steht nämlich geschrieben: „Gott schuf den Menschen, und er schuf ihn als Mann und Weib“, und das heißt, wir sind ganz genau gleich. Der feine Unterschied ist nur für den Nachwuchs und Kurzweil da.

Und denk mal, in einer Zeit der Sklaverei wie damals mußte man schon sehr erleuchtet sein, um so etwas Tolles zu schreiben. Fast zweitausend Jahre, und eine Menge Leute haben das bis heute nicht begriffen. Doch ich gebe zu: Man muß sehr männlich sein, um das zu begreifen. Apropos Mann, ob hier wohl einer ist?

Übersetzt von Berthold Zilly