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U-Boot-Skandal: Grüne greifen Engholm an

SPD-Ministerpräsident blockiert weitere Aufklärung / Grüne präsentieren Beleg, daß U-Boot-Komponenten bereits parallel zu Blaupausen an Südafrika geliefert wurden / Auftrag für den Untersuchungsausschuß soll neu formuliert werden  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Die Grünen im Bundestag werfen dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Björn Engholm (SPD) vor, er halte sich nicht an sein Versprechen, die Aufklärung des U-Boot -Skandals zu unterstützen. Engholm hatte eine derartige Zusage nach der Regierungsübernahme im Mai vergangenen Jahres gemacht.

Bei der Vorlage eines Zwischenberichts der Grünen zur Arbeit im U-Boot-Untersuchungsausschuß forderten die Abgeordneten Angelika Beer und Uschi Eid gestern, Engholm solle endlich die bei der Landesregierung lagernden U-Boot -Akten zur Verfügung stellen.

Engholm habe sich diesem Begehren mit dem „Vorwand“ entzogen, der Ausschuß müsse die Akten zunächst anfordern, so Beer. Der Ausschuß ist aber wegen der von der Union geschürten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit seines Untersuchungsauftrags seit geraumer Zeit handlungsunfähig. Angelika Beer äußerte zugleich die Befürchtung, Engholm habe mit der am U-Boot-Geschäft beteiligten Firma HDW Absprachen getroffen, „die unerfreuliche Sache in Bonn zu beenden“.

An der Werft HDW ist das Land Schleswig-Holstein mit 25 Prozent beteiligt. Da die SPD-Landesregierung die Aufklärung nicht unterstütze, trägt sie nach Auffassung der Grünen „bereits einen Teil der Verantwortung für die U-Boot -Affäre“.

Unverständnis zeigten Beer und Eid auch für die Haltung der SPD-Bundestagsfraktion, auf eine Entscheidung des Karlsruher Bundesverfassungsgerichts über die Gültigkeit des Untersuchungsauftrags zu warten. Um noch in dieser Legislaturperiode Bundeskanzler Kohl und andere Regierungsmitglieder vernehmen zu können, fordern die Grünen statt dessen die Einsetzung eines Nachfolgeauschusses mit einem verfassungsrechtlich unbedenklichen Auftrag. Auf einen Spruch auf Karlsruhe zu warten, hieße hingegen, das Scheitern der Aufklärung vorzuprogrammieren.

Aufgrund der Ermittlungen des Ausschusses und eigener Recherchen gehen die Grünen davon aus, daß der U-Boot-Bau in Südafrika mit deutscher Hilfe begonnen hat und am 1.Juli 1992 mit der Fertigstellung des ersten U-Boots abgeschlossen werden soll. Zeugenaussagen, daß auf der südafrikanischen Sandock-Werft bereits an einem U-Boot deutscher Machart gebaut wird, hatte erst kürzlich das Fernseh-Magazin „Monitor“ beigebracht.

Darüberhinaus sind die Grünen mittlerweile sicher, daß parallel zu der Lieferung von Konstruktionsunterlagen spätestens seit Oktober 1984 bereits U-Boot-Teile geliefert wurden. Als Indiz dafür legten die Grünen gestern im Rahmen einer Dokumentation Einzelheiten aus dem Vermerk einer Firmenbesprechung vom Ingenieurkontor Lübeck und HDW von Oktober 1984 vor.

Danach sollten die U-Boot-Komponenten in sechs Materialpaketen zu je 8.000 Teilen verschubt werden. Die vollständige Fassung dieses Firmenvermerks war dem Untersuchungsausschuß bisher vorenthalten worden. Sowohl die Oberfinanzdirektion Kiel als auch Generalbundesanwalt Rebmann hatten es nicht für nötig befunden, das Schriftstück bei den Firmen zu beschaffen. Als eine Konsequenz aus der U -Boot-Affäre fordern die Grünen das völlige Verbot von Rüstungsexporten nach Südafrika. Der bisherige Genehmigungsvorbehalt nach deutschem Recht gebe der Industrie und der Regierung „zuviel Manövrierraum“.

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