Ausländerhetze: dummes Opfer?

■ Karikaturist Hilliger illustrierte Broschüre gegen AusländerInnenfeindlichkeit / Jetzt macht er selbst Stimmung gegen AsylbewerberInnen auf Plakatwänden

Ein neu eingezogener Ausländer will sich seinem Nachbarn vorstellen - ein Turban verrät deutlich seine Herkunft. Aber während er auf seinem Balkon einem deutschen Ehepaar zur Begrüßung Tee reichen will, vernageln diese ihren Balkon bereits mit einem Bretterverschlag. Alltag für Ausländer in Berlin?

Nein. Nur eine von sieben Karikaturen, die der Zeichner Gero Hilliger in der Broschüre „Miteinander leben in Berlin“ im Auftrag der Ausländerbeauftragten Barbara John in diesem Jahr veröffentlicht hat. Das Ziel der Broschüre: Vorurteile gegen Ausländer sollen abgebaut werden. Barbara John glaubt, daß man nicht „Opfer primitiver Propaganda gegen ausländische Bürger zu werden braucht, wenn man mitdenkt“.

Ausgerechnet ihr Zeichner Gero Hilliger denkt offensichtlich nicht mehr mit. Seit Wochen versucht er sogar selbst mit einer großen Plakatwand am Sachsendamm billige Stimmung gegen Asylbewerber zu machen. Auf seinem Plakat sieht man einen Ausländer, der sich mit einem Koffer Heroin in der Hand für politisches Asyl bewirbt. Dumme Beamte schnallen natürlich nichts, stempeln die nötigen Papiere ab. Der Eindruck drängt sich auf, daß Ausländer eben kriminell sind.

Das Heftchen der Ausländerbeauftragten, das der Karikaturist vor kurzem illustrierte, kommt zu dem Schluß, daß Ausländer keinesfalls krimineller sind als Deutsche. Statistiken, in denen das behauptet wird, kommen Barbara John zufolge so zustande, daß der ausländischen Bevölkerung Straftaten zugerechnet werden, die in Wirklichkeit Touristen, Durchreisende und Illegale begangen haben. Bei Vergleichen zwischen Deutschen und Ausländern würde die gesellschaftliche Stellung nicht berücksichtigt. In der Broschüre wird außerdem festgestellt, daß Türken im Alter von 21 bis 40 Jahren weniger kriminell sind als die gleichaltrigen Deutschen.

Ist Hilliger nun selbst Opfer primitiver Propaganda geworden? Er fühlt sich nur falsch verstanden, sagt er. Denn er wolle nur darauf aufmerksam machen, daß Drogenhändler das Asylrecht bedrohen würden. Wenn es aber Fehler in der Darstellung gebe, „lasse ich das wieder zukleben“, verspricht er. Mehrere Wochen hatte er dazu schon Zeit, aber bisher ist am Sachsendamm nichts wieder zugeklebt.

Auf die Unbekannten, die seine billige Polemik mit den Worten „Vorsicht: Hetzplakat“ besprühten, ist Hilliger sauer: „So ist das mit der Meinungsfreiheit hier.“ So ist das aber auch mit des Künstlers Eitelkeit: Offensichtlich kann er es sich nicht vorstellen, daß er einfach nicht verstanden wird - oder fühlt er sich einfach nur verkannt?

Dirk Wildt