: Perspektive 1990
■ Ein Seminar zum ökologischen Stadtumbau im ICC / AL soll Taten folgen lassen / Akzeptanzprobleme und Sorgen mit Berliner Versorgungseinrichtungen
„Letztes Jahr ging es um die Gewinne auf dem Immobilienmarkt, da waren mehr Leute da“, bedauert Dieter Blümmel, Geschäftsführer des Haus- und Grundbesitzervereins. Dieses Jahr war der ökologische Stadtumbau Thema der „Perspektive '90“, des Fachseminars der Wohnungswirtschaft im ICC. Dafür kamen die „Ökos“ und stießen auf Begeisterung. „Herr Groth“, meinte Dietmar Ortemba, Vorsitzender des Haus und Grundbesitzerverbandes zum Umweltstaatssekretär der AL, „verbal haben Sie Ihr Image heute schon abgestreift, nur Grün zu wollen statt zu bauen, Sie müssen jetzt nur noch Taten folgen lassen.“
Noch beliebter machte sich Bausenator Nagel, denn 35.000 Wohnungen werden gebraucht. Lieber weniger, dafür aber billigere Wohnungen forderte AL-Baufachmann Härtig, blieb damit aber weitgehend allein. Genug Wohnbauflächen gibt es, nur, so erkannte auch Otremba, „das Problem ist, sie verfügbar zu machen.“ Denn Baulücken zu schließen und auf Dächer aufzustocken erfordert langwierige Klärungsprozesse. „Unsere Mieter sagen: 'Wir wollen keine Baustelle vor der Haustür und schon gar nicht, daß da nachher Polacken wohnen'“, beschrieb GSW-Geschäftsführer Duvigneau typische Probleme.
Hinter dieser Diskussion fiel das Interesse an den Ansätzen ökologischen Bauens etwas zurück. Wasser- und Energiesparen, Gebrauchtwasseraufbereitung, baubiologische Materialien und umweltfreundliche Heizungsanlagen wie Gas oder Fernwärme wurden von Fachreferenten vorgestellt. Der Gaspreis, der an den Erdölpreis gekoppelt ist, sei zu hoch, monierte eine Architektin, das verhindere umweltfreundliches Bauen. Die Mitarbeiter der Umweltverwaltung verwiesen ihrerseits auf die Probleme mit den bürokratischen Apparaten der Bewag, der Gasag und der Wasserwerke, die nicht am Sparen interessiert seien.
Und: Mieter seien oft aus finanziellen Gründen nicht bereit, sich von ihren Kohleöfen zu trennen. Der Höhepunkt der Veranstaltung war erreicht, als ein Architekt die „Abschaffung der Verwaltung“ forderte. Denn die hemmten mit ihrer Bürokratie den Bauwillen.
esch
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