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Wiederaufnahme in der Shakespeare-Company

■ „Wo ich die Welt anseh‘...“

„Soll denn mein ganzes Wesen ungenossen wieder vertrocknen, keinem wohltun, unbeachtet wieder schlafen gehen, so wie es aufwachte? Der Tod ist besser als so leben.“ Die das sagt, grüblerisch, begabt, intellektuell: Karoline von Günderode (1789-1806, Dagmar Papula). Ihre Freundin, drastisch, erdnah: Bettine von Arnim (1785-1859, Petra Schmidt). „Wo ich die Welt anseh‘, möcht ich sie umdrehn“: Sieben Szenen lang sprechen, schreien, spielen, „symphilosophieren“ zwei Frauen auf der Bühne der Shakespeare-Company. Ganz nah rückt die Kraft und die Vergeblichkeit dieser so unterschiedlichen Frauenleben, kompromißlos und voller Selbstzweifel die eine, scheinbar vernünftiger, zugänglicher die andere. Dagmar Papula hat das Stück geschrieben und Texte von Christa Wolf eingebaut.

Zwischen den Szenen Musik, von Hendrix, Mozart, Schubert, Bartok; Einklag versprechend, traurigen Dialog versuchend, Stillstand spüren lassend - im Programm von Nico Schalz beschrieben und begründet.

Die zwei Schauspielerinnen, Dagmar Papula und Petra Schmidt, sitzen am Rand der Bühne, zitieren abwechselnd. Dann springen sie auf die Bühne, schlüpfen in Kostüm und Rolle; die quirlige Bettine, die auf dem Stuhl wippt und reitet und mit ihm durchs Zimmer purzelt; die Karoline, die Haltung bewahrt, aufrecht, nach außen gefaßt auf ihrem Stuhl. Die Kosten dieser Selbstkontrolle: Herzschmerzen, Kopfschmerzen quälen sie. Die Bühne ist fast leer. Weiße Vorhänge bilden ein dreieckiges Zimmer, darin zwei Stühle, eine Waschschüssel. Ein schöner Raum. Im Zentrum steht die Sprache, die fremde, musikalische Sprache, die inhaltliche Nähe und zeitliche Distanz in sich aufhebt. Dagmar Papula montiert, collagiert ihr Stück aus Briefen, aus Gedichten der Günderode, der Bettine, fügt, im Tonfall, im Rhythmus nachempfunden, eigene Sätze ein. Dazwischen, als reflektierendes Innehalten, Zitate von Christa Wolf, die Klammer zum Heute. Eineinhalb Stunden: Fast nichts als Gespräch. Und doch keine Langeweile. Das Spiel nimmt gefangen, und von Szene zu Szene wird deutlicher, daß die kindliche Naivität die Bettine am Leben erhält, während für die Günderode kein Ausweg besteht als der Selbstmord.

C.S./S.P.

So., 22., 18 Uhr am Leibnitzplatz

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