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Spannend wird nur das Abschneiden der Rechten

Am Sonntag sollen die Baden-Württemberger neue Kommunalparlamente wählen / Von Wahlkampf konnte jedoch kaum die Rede sein / Außer dem Wohnungsbau ging es nur um Themen vor der Haustür / Alle befürchten kräftige Zugewinne der Reps  ■  Aus Stuttgart Erwin Single

Am Sonntag wird in Baden-Württemberg wieder gewählt. Rund 6,9 Millionen BürgerInnen sind aufgerufen, über 34.000 kommunale Mandate neu zu verteilen.

Würden nicht überall bunte Plakate mit unzähligen Politikerköpfen und mehr oder weniger sinnigen Slogans die Straßen von Städten und Gemeinden zieren, so käme hierzulande wohl niemand auf die Idee, daß es überhaupt etwas zu wählen gäbe. Wahllaune verbreitete der Wahlkampf im Südwesten jedenfalls nicht. Es ging sehr gemächlich zu; die großen Auseinandersetzungen blieben aus. Nicht einmal von den „Außenseitern“, den vielen freien und unabhängigen Listen und Gruppen war Bissiges zu hören.

Dafür sorgte nicht zuletzt der neue Regionalismus, der sich ankündigte: Politik beginnt sozusagen vor der Haustür. Am besten bringt es die CDU auf einen Nenner: „Zukunft beginnt zu Hause“ heißt ihr Motto. So waren es auch vorwiegend lokale Themen, die den Wahlkampf prägten. Landes- oder gar bundespolitische Probleme spielten nur am Rande mit. Beispiel: Der Wohnungsbau, das eigentliche Wahlkampfthema, war letztlich auch keines. Alle Parteien reihten sich in den gemeinsamen Kanon um den Notstand auf dem Wohnungsmarkt und die Forderung nach neuen Wohnungsbauprogrammen ein. 70.000 neue Wohnungen werden hierzulande benötigt - darüber waren sich alle schnell einig. Bei den Wahlversprechungen dieser Tage feierten selbst die kühnsten Pakete, die vor Wochen noch als unbezahlbar galten, wieder fröhliche Urstände.

Daß sich die Parteien so ins Zeug legten und sich gegenseitig mit Versprechen überboten, hat einen simplen Grund: allen drohen empfindliche Verluste, besonders der CDU. Die nicht gerade erbaulichen Ergebnisse der Europawahl mit jenem erdrutschartigen Minus von 11,6 Prozent wohl vor Augen, setzte vor allem Ministerpräsident Lothar Späth zu kessen Tönen gegen links und rechts an. Er warnte vor rot -grünen Bündnissen in den Rathäusern, die notwendige Maßnahmen etwa beim Wohnungsbau verhindern könnten. Für etwaige Bündnisse der CDU mit den Republikanern drohte er seinen Parteifreunden gar an, alle Parteifunktionen aufzugeben. Trotz aller Beteuerungen und beschönigender Selbstdarstellungen der CDU wird es ihr schwer fallen dürfen, ihr Ergebnis der letzten Gemeinderatswahlen von 34,3 Prozent zu halten.

Die eigentlichen Verlierer der Kommunalwahl 1984, die Sozialdemokraten, hoffen dagegen auf ein positives Signal. Lediglich 18,1 Prozent der Stimmen hatten sie vor fünf Jahren erhalten. Die Grünen, die sich bei der letzten Wahl zu den Gewinnern zählen durften, gaben sich diesmal betont zurückhaltend. Gerade nach dem für sie nicht berauschenden Abschneiden bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen wollen sie vor allem ihren Anteil von 2,5 Prozent halten.

Der geringe Prozentsatz ergibt sich aus einem statistischen Problem: nur Listen, die unter dem Parteinamen antreten, werden in der offiziellen Statistik als solche registriert. Grüne KandidatInnen treten in rund 240 Kommunen mit eigenen Listen an; in weiteren 160 Listenverbindungen sind sie vertreten. Letzte zählen ebenso wie die parteiunabhängigen Listen der „Freien Wähler“ zu den Gruppierungen der „Freien Wählervereinigungen“ und werden diesem fälschlicherweise zugerechnet. Der Landesverband der „Freien Wähler“ kann sich über diese statistische Verfälschung nur freuen: 1984 kamen diese Gruppierungen auf 37,8 Prozent und konnten sich als die stärkste politische Kraft in den Rathäusern rühmen.

Die spannendste Frage des morgigen Wahlabends aber bleibt das Abschneiden der rechten Gruppierungen, besonders der Republikaner. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß die Republikaner die Sieger der Kommunalwahl sein werden. Selbst wenn sie es nicht geschafft haben, flächendeckend zu kandidieren und vorwiegend in Städten mit ihren Listen antreten, erreichen sie auf diese Weise einen Großteil des Wählerpotentials. Und wie sich bei der Europawahl im Südwesten gezeigt hat, liegen ihre Domänen durchaus in den Großstädten: in Stuttgart erzielten sie 9,2, in Mannheim 8, in den Stadtkreisen Heilbronn und Pforzheim sogar 11,4 und 13 Prozent der Stimmen.

Offen bleibt die Wahl aber bis zum Schluß. Als unkalkulierbarer Faktor gilt das komplizierte Wahlrecht in Baden-Württemberg. Die WählerInnen müssen wissen, was „kumulieren“ und „panaschieren“ heißt. Es ist dabei sowohl möglich, bis zu drei Stimmen einer Person zu geben, als auch KandidatInnen von der einen auf eine andere Liste zu übertragen. Und: es dürfen mehrere Listen verwendet werden. Je nach der Anzahl der Listen sind bis zu 60 (!) Stimmen zu verteilen.

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