Häftling tot in der Zelle gefunden

■ Erstmals starb im Knast ein Insasse an Rauschgift / Behörde: mehr Kontrollen

Am frühen Samstag morgen wurde ein 34jähriger Gefangener tot in seiner Zelle im Oslebshauser Knast aufgefunden: Zum ersten Mal im bremischen Vollzug starb ein Mensch in der Zelle an den Folgen seiner Rauschgiftabhängigkeit. In nur wenigen Wochen, im November 1989, hätte der Gefangene entlassen werden sollen, er war bereits auf der Entlassungsvorbereitungs-Station untergebracht. Verurteilt war er zu drei Jahren wegen verschiedener Diebstähle, die als „Beschaffungskriminalität“ unter dem Druck der Rauschgift-Abhängigkeit verübt wurden. Ob der Gefangene zu viel oder zu verunreinigtes Gift gespritzt hatte, wird derzeit von der Staatsanwaltschaft untersucht, ebenso die näheren Todesumstände. Der junge Mann ist der 41. Drogentote in Bremen in diesem Jahr; das sind

bereits mehr als im ganzen letzten Jahr.

Die erste Reaktion in der Behörde: mehr Kontrolle. Der Pressesprecher des Justizsenators, Hartwig, betonte gegenüber der taz eine Selbstverständlichkeit, die allerdings in der Vergangenheit nicht gewährleistet war: Endlich sei der medizinische Dienst im Knast mit zwei Arztstellen voll ausgebaut und besetzt. Und: Nach dem entsprechenden Senats- und Bürgerschaftsbeschluß dürfen auch Drogenabhängige im und nach dem Knast in begründeten Einzelfällen mit Methadon behandelt werden. Daher würden „in naher Zukunft“ mit den Ressorts Soziales und besonders Gesundheit die Kriterien erarbeitet, wer wann aus der tödlichen Spirale zwischen Sucht, Kriminalität, Knast und Sucht mit Hilfe des ärztlich verordneten Ersatzopiats

Methadon aussteigen darf.

Kaum war die Meldung über den toten Gefangenen heraus, nutzen Politiker die Gelegenheit, noch mal zu kommentieren, wie sie Problem und Lösung sehen: Die „harte Linie“ des Sozialsenators Scherf gegen Methadon verhindere Hilfe, erklärte Claus Jäger (FDP), während Ralf Borttscheller (CDU) eilends gegen die „liberale Bremer Praxis“ Wind machte.

Die Justizbehörde verbreitete in vorauseilendem Gehorsam nach der Todes-Meldung vor allem dies: Es gebe keinen Knast ohne Drogen. Und es sei bereits geprüft worden, „ob und wie die Kontrollen zur Verhinderung der Drogenzufuhr und ihres Umlaufs verstärkt werden können“, es sei „bereits entschieden, daß die Revisionen verstärkt werden“. S.P