: Freier Fall mit falschen Flügen
■ Blau-Weiss - Stuttgarter Kickers 0:2 (0:1) / Langweiliges Spiel vor 2.133 Zuschauern im Olympiastadion / Berliner rutschen weiter Richtung Abstiegszone
Der Stadionsprecher hatte es geahnt. „Don't worry, be happy“, ließ er zur Halbzeit aus den Lautsprechern quaken. Nur, zum Amüsieren hatte da schon niemand mehr Lust, selbst die 2.133 Unverbesserlichen hätten wohl nicht gedacht, sich so zu langweilen. „Wir waren stark verbessert“, gab Blau -Weiß-Trainer Bernd Schumm die treffende Pointe eines Spiels, in dem beide Mannschaften meist faul und lustlos über den Platz latschten und sich im unkontrollierten Üben von Fehlpässen hervortaten. Nur zweimal in der ersten Hälfte wurde der dadurch provozierte Schlaf dann jäh unterbrochen.
Zuerst ließ sich der Stuttgarter Schüler so geschickt über Gartmann fallen, daß nicht nur Schiedsrichter Eli, sondern auch die Blau-Weißen überzeugt waren, der dafür verhängte Elfmeter sei gerechtfertigt. So kamen die Stuttgarter zur Führung - und der Berliner Kutschera auf die Idee, es später auch mit einer Schwalbe zu versuchen, die aber so schlecht war, daß er dafür Gelb erhielt. Für das zweite Aufschrecken sorgte Grillmeier, der mit einem Heber zeigte, daß Torhüter Dignaß weiterhin an hohen Bällen vorbeigrabtschte; diesen Ball konnte Levy aber noch von der Linie schlagen.
In der zweiten Hälfte zeigten die Blau-Weißen interessante Varianten des angekündigten „Neuaufbruchs“. Schlegel drosch den Ball mit Hochgeschwindigkeit übers Tor, anschließend ignorierte Levy die Schiedsrichterentscheidung, einen Freistoß indirekt zu schießen, und bahnte den Ball um die Abwehrmauer herum direkt ins Tor.
Ein klasse Trick, aber leider, leider ungültig. Den nächsten Versuch setzte er an die Latte, genau wie Gartmann und Timm, die frei stehend köpfen konnten, weil sich zwei Stuttgarter gegenseitig umgerannt hatten, vom phosphorisierenden Flutlichtpullover ihres Torwarts wohl ebenso geblendet wie die Berliner Stürmer.
Zu guter Letzt nutzten die Stuttgarter auch noch ihren einzigen Konter der zweiten Hälfte zum erfolgreichen Torschuß, als Imhoff aus spitzem Winkel dem wirklich immer so unvorteilhaft spielenden Dignaß den Ball gemeinerweise durch die Beine schob. Damit wird es für die Blau-Weißen nun ernst. Sportlich glitschen sie weiter ab in Richtung Abstiegszone und somit droht auch das finanzielle Fiasko. Schon beim letzten Heimspiel konnten die Einnahmen nicht mal die Kosten für die Austragung des Spieles decken; wenn es so weitergeht, werden die Schulden weiter steigen, und dann ist es auch nur noch ein zynischer Trost, wenn der Verein dabei immerhin die Siegprämien einspart.
Schmiernik
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