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Grünes Licht für Gesamtschule in Oldenburg

■ Nach heftigem Schulkampf genehmigte der Kultusminister / „Initiative“: Bürokratisierung im Ansatz vermeiden

Die beste aller Schulen kann vorerst nichts verschrecken. Da kann sich Niedersachsens Kultusminister Horst Horrmann einen Freitag, den 13. (Oktober) wählen, um grünes Licht zu signalisieren, am nächsten Tag feiern die Sympathisanten ein Fest. Da können erklärte Gegner schwere Geschütze auffahren, es ist nicht der Zeitpunkt, wo sich die Liebhaber ins Bockshorn jagen lassen.

Der Schulkampf, der die Stadt Oldenburg das ganze Jahr über aufs Heftigste bewegt hatte, ist vorübergehend ausgestanden. Mit der Genehmigung der Integrierten Gesamtschule Oldenburg zum Schuljahresbeginn 1990 verließ der oberste Schulherr die entschiedene Ablehnungsfront seiner christdemokratischen Parteifreunde vor Ort (Motto: „Schlechtere Leistungen zugunsten eines besseren Klimas“). Einen „bildungspolitischen Durchbruch“ nennen das die Befürworter der IGS, zurückzuführen in erster Linie auf den fünfhundertfach dokumentierten Elternwillen, ihre Kleinen künftig in die umstrittene Gesamtschule schicken zu wollen. Damit war das von der Landesregierung geforderte Limit weit überschritten und die Anforderungen zur Einreichung einer Angebotsschule erreicht.

In großem Maße verantwortlich für den Erfolg ist die „Initiative für eine Integrierte Gesamtschule in Oldenburg“. Sie hat, sekundiert von den DGB-Gewerkschaften und einer SPD, Grünen und DKP-Ratsmehrheit, mit einer Euphorie, die in der bildungspolitischen Landschaft selten geworden ist, für die bessere Schule gekämpft. Dennoch scheint der vehemente Einsatz für die IGS frei von illusionärer Tagträumerei und den verquasten

Metaphern aus der Aera der sozialliberalen Bildungsreform. „Es wäre für mich schon ausreichend, wenn die gängige Atmosphäre der zwei Jahre Orientierungsstufe mit ihrem Leistungsdruck, ihren Leistungsvergleichen nicht mehr da wäre“, sagt Bruno Reibstein, einer der Sprecher der „Initiative“. Mit einem dezidiert pädagogischen Profil haben sie es geschafft, den Elternwillen zu mobilisieren.

Eine Ganztagsschule mit betreutem Freizeitangebot ohne Hausaufgaben soll die Gesamtschule sein, eine Institution, die auf Selektion weitgehend verzichtet, stattdessen eine differenzierende Vielfalt ohne Hierarchie praktiziert. Schwerpunktmäßig wird die künftige IGS dem Bereich „Arbeit -Wirtschaft-Technik“ verbunden sein. Reibstein: „Uns schwebt auch eine Alternative zu den herkömmlichen Gymnasien vor. Die traditionelle Oberstufe wäre abzulösen in Richtung des Bielefelder Oberstufen-Kollegs.“ Damit trage das Konzept, so die Initiative, neuen Qualifikationsanforderungen Rechnung. „Heute steht das Lernen von Überlebensstrategien, gesellschaftlichen wie individuellen, auf der Tagesordnung der Schule“, sagt Bruno Reibstein.

Damit die Schule nicht vorschnell zur bürokratischen Ruine wird, gegossen in Kooperations-Organigramme und Vereinigte Stammgruppenkonferenzen, bemüht sich die Initiative auch um eine bessere Verwaltungsstruktur. Weniger kann mehr sein mit dieser Devise wollen sie der Schule ihre Lebendigkeit und dem Kollegium die Lust erhalten. Erfahrungen aus Bundesländern, in denen überdimensionierte Gesamtschulen als Regelschulen inhaltlich ausgeblutet, architekto

nisch in Beton eingesargt und nach nicht allzu langer Zeit von lustlosen SchülerInnen und lieblosen LehrerInnen behaust wurden, haben sie zu Vorsorgemaßnahmen greifen lassen. Nur vierzügig wird die Oldenburger IGS ihren Betrieb aufnehmen, nicht mehr als 100 Schüler pro Jahrgang werden die Räume bevölkern. Abgeschworen hat man der ausufernden Konferenztätigkeit

und den übersteigerten Lernschrittbeschreibungen, wie sie an manchen niedersächsischen Gesamtschulen Praxis geworden sind. Da mag einer der lokalen Fürsprecher, das GEW -Vorstandsmitglied Rüdiger Semmerling, diesbezüglich einschlägige Erfahrungen beschönigen („Daß es mehr Konferenzen geben mußte, kam schließlich auch der Pädagogik zugute.“), so richtig

dran glauben mag kaum jemand mehr.

Mit einem Schulleiter und einem zehn- bis vierzehnköpfigen Kollegium wird die IGS nach Auskunft des zuständigen Dezernenten bei der Bezirksregierung Weser-Ems, Otto Menzel, ab August starten. Bis zum 1. Februar soll, geht es nach der „Initiative“, das gesamte Lehrpersonal, das in den kommenden drei Jahren ein

gestellt wird, namentlich feststehen, damit dies an der Schulentwicklung frühzeitig teilnehmen kann. „Anzustreben ist das“, sagt Menzel, „denn je länger die Planungsperspektiven sind, desto besser“. Damit die beste Schule auch die besten LehrerInnen bekommt. Und sich die SchülerInnen ordentlich anstrengen müssen, da mitzuhalten.

Andreas Hoetzel

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