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Volksverdummung durch Hoechst

Erörterungstermin für weitere Giftmüllverbrennung durch den Chemieriesen Hoechst in Frankfurt / Kapazität soll verdoppelt werden / Toxikologe Wassermann spricht von hoffnungsloser Unkenntnis der Gefahren  ■  Aus Frankfurt Thomas Rahner

„Volksverdummung“ warf der Kieler Toxikologe Otmar Wassermann der HoechstAG für die Werbeaussage „Aus Abfall wird Dampf“ als Begründung für ihre Giftmüll verbrennungsanlage vor. Die HoechstAG plant, ihre in Frankfurt seit über zehn Jahren laufende Giftmüllverbrennung von 40.000 auf 100.000 Tonnen Jahreskapazität zu erweitern.

Im Rahmen des dazu erforderlichen Genehmigungsverfahrens wurden über eine Woche lang in Frankfurt-Höchst die Bedenken der 2.700 EinwenderInnen gegen dieses Vorhaben erörtert. Die meisten GegnerInnen haben sich in einem Aktionsbündnis gegen diese Erweiterungspläne zusammengeschlossen.

Wassermann trat im Auftrag des Aktionsbündnisses als Sachverständiger für Gesundheitsfragen auf und wies eindringlich auf die „hoffnungslose Unkenntnis“ der Wissenschaft über die Wirkungsweise der meisten Stoffe hin, die eine Giftmüllverbrennungsanlage als Abgas in die Atemluft ausstößt. So seien nur etwa 20 Kilogramm der bis zu zehn Tonnen organischer Stoffe, die die Anlage im Jahr ausstoßen werde, bisher überhaupt auf ihre Giftigkeit untersucht worden.

Die Hoechst-Vertreter reagierten auf Wassermanns Worte mit der Drohung, den Saal zu verlas sen.

Weitere Gutachter bestätigten Wassermann in der Notwendigkeit nach genauerer Untersuchung der Schadstoffvorbelastung im Umfeld der Anlage.

Die gesamten Tage des Termins waren geprägt von Verwirrung über verfahrensrechtliche Fragen. Die EinwenderInnen rügten immer wieder, daß die bereits bestehenden Verbrennungseinheiten nicht in die Erörterung miteinbezogen werden. Zu anderen Fragen, wie etwa der Dioxinvorbelastung in der Umgebung der Anlage zog Hoechst überraschend erst im Termin wichtige Bodenuntersuchungen aus der Tasche.

Bei der Diskussion über technische Details des als Allesfresser konzipierten Drehrohrofens geriet die HoechstAG zunehmend in die Defensive, auch wenn Heinrich Merten, der Leiter der Energieabteilung des Konzerns, sein Das-Beste-vom -B e s t e n - i s t - u n s - g e r a d e gut-genug gebetsmühlenartig wiederholte.

Christoph Ewen vom Öko-Institut warf Hoechst die Planung einer „mittelalterlichen Uralttechnologie“ vor. Teilweise bestätigt wurde er von anderen Sachverständigen, die angaben, daß es für hochchlorierte Chemieabfälle bessere Verbrennungstechniken gebe und vor allem für Dioxine eine höhere Zerstörungsrate erreicht werden könne.

In der Frage einer umfassenden Rauchgasreinigung mußte sich der Chemiegigant auch von Behördengutachtern vorhalten lassen, daß mehr leistbar sei als geplant ist.

Es ist absehbar, daß die EinwenderInnen dieses angesichts des zunehmenden Giftmüllnotstandes auch bundespolitisch bedeutsamen Verfahrens mit Teilerfolgen rechnen können. Die Entscheidungsgrundlage der Behörde kann nicht mehr allein die schmale Datenbasis sein, die die HoechstAG in das Verfahren eingebracht hat.

Möglicherweise, so Ulrike Riedel, Rechtsanwältin aus Frankfurt, führen die gerügten Verfahrensfehler auch zur Ablehnung des Antrags der HoechstAG.

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