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„... nicht nur Handeln“

■ Die „Philosophische Praxis“ lädt zum Dialog auf den Polenmarkt / Wodka, Schraubenzieher und Kant

„Europa im Wandel - Berlin mittendrin“, aber keiner denkt in Ruhe darüber nach, was dieser Wandel für Berlin bedeuten kann. Anstatt das Philosophieren über den Umbruch im Osten und die Ratlosigkeit im Westen in Hörsälen, Konferenzräumen oder anderen Elfenbeintürmen zu belassen, haben sich die MitarbeiterInnen der „Philosophischen Praxis“ ein passenderes Forum ausgesucht: den Polenmarkt, „den zur Zeit lebendigsten Ort in Berlin“, wo sich der Wandel Europas am deutlichsten zeigt.

Angesichts des ordnungspolitischen Schlagabtausches der letzten Tage und Wochen kann man sich den Polenmarkt als Ort des Denkens und angeregter Diskussionen zwischen Händlern, Kunden, Neugierigen kaum vorstellen. „Aber der Markt ist nicht nur zum Handeln da“, sagt Alexander Dill von der „Philosophischen Praxis“, „sondern auch zum Kommunizieren.“ Deshalb laden er und seine MitarbeiterInnen morgen ab elf Uhr zwischen Magnetbahn, Trödelmarkt und polnischen Reisebussen zum philosophischen Dialog ein. Als Anregung gibt es Immanuel Kants Aufklärungsschrift auf Flugblättern.

Ein Zitat aus dieser Schrift (siehe Kasten) ließ Dill letztes Jahr auf U-Bahnhöfen plakatieren - eine von mehreren Aktionen, das Philosophieren zum alltäglichen Dialog zwischen den BürgerInnen auf der Straße zu erheben. Die Resonanz, erinnert sich Dill, sei erstaunlich gewesen. „Die Leute standen in Trauben davor und haben darüber debattiert.“ Angesichts dieser Erfahrungen ist er optimistisch, daß das Bedürfnis nach Diskurs am Samstag genauso groß ist wie nach Devisen, Wodka und Kristallvasen. Beim Diskutieren ist allerdings Sprachtalent vonnöten. Zur Auswahl stehen Polnisch, Türkisch, Deutsch, Jugoslawisch...

Für den 11. November hat sich anderer Besuch auf dem Polenmarkt angesagt, der - obwohl er ihm gut anstünde - mit dem Philosphieren auf Kriegsfuß steht: die Mitglieder des Parlamentsausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung.

anb

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