: Eine Offensive ist gefragt
■ Zum Landesparteitag der Grünen in Nordrhein-Westfalen
Die nordrhein-westfälischen Grünen säßen längst im Landtag, hätten sie vor fünf Jahren das beschlossen, was auf dem Parteitag in Dortmund nun eine Mehrheit fand. Damals hätte ein Koalitionsangebot an die SPD die politische Szene aufgemischt und den Grünen eine mediale Offensive beschert. Heute wirkt das Angebot dagegen wie ein Ladenhüter, ein Beschluß, der keinerlei Leidenschaften mehr weckt.
Tatsächlich haben die NRW-Grünen am Wochenende lediglich das ratifiziert, was sich innerhalb der Partei längst durchgesetzt hat. Neue, die Diskussion belebende Signale zu setzen, gelang der Partei wiederum nicht. Diejenigen, die in einer Koalitionsaussage vor wenigen Jahren einen Verrat an der Grünen Sache sahen, wie die jetzt in dem linken Forum organisierten Grünen, sind noch so damit beschäftigt, ihren „Umfall“ zu verarbeiten, daß die Diskussion um die neu anstehenden Fragen wieder nach altem Muster abläuft.
Nachdem die Abgrenzung von der Koalitionsaussage zur parteiinternen Profilierung nicht mehr taugt, ist es jetzt die Diskussion um die „ökologische Marktwirtschaft“, die bei der Mehrheit der Grünen - wie einst in der Koalitionsdebatte - nur reflexartige Balzereien auslöst. Ihre Verliebtheit zur radikalen Phrasologie haben die NRW-Grünen längst nicht abgelegt. In Bezug auf die „Marktwirtschaft“ pflegen sie die radikale Pose, mit dem Erfolg, daß eine konsistente Wirtschaftspolitik immer noch aussteht.
Jetzt in einer offenen, ehrlichen Debatte die Widersprüche im eigenen Programm rücksichtslos auszuräumen, stünde der Partei gerade im Vorwahlkampf gut an und eröffnete neue Chancen zur Profilierung und Propagierung der grünen Sache. Rücksichtslos zu sagen, was ist und Lösungsprobleme ohne Absicherung bei den Lobbygruppen zu formulieren sind die großen Volksparteien überhaupt nicht in der Lage. Gerade dieses Feld müssen die Grünen beackern im politischen Kampf gegen alle Mitbewerber: Eine Strategie, die den Einzug der Grünen in den Düsseldorfer Landtag und Einbrüche in die sozialdemokratische Wählerschaft mehr als wahrscheinlich erscheinen läßt.
Walter Jakobs
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