Prag bleibt dabei: Knüppel frei!

■ Massenfestnahmen bei Demonstration für freie Wahlen und neue Regierung / Schlagstock-Einsatz

Prag (ap) - Mit massivem und gewalttätigem Polizeieinsatz und Massenfestnahmen hat die Führung der CSSR am Samstag den Ruf nach Freiheit und einem Wechsel der Regierung unterdrückt. Hunderte von Polizisten und Sicherheitsbeamten in Zivil gingen mit Knüppeln und Fäusten gegen Tausende Menschen vor, die sich zum 71. Jahrestag der Gründung der Republik zu einer nicht genehmigten Demonstration versammelt hatten. Die Nachrichtenagentur 'ctk‘ meldete 355 Festnahmen, darunter 17 Ausländer. Nach dieser Zählung sollen sieben Menschen verletzt worden sein.

Die Demonstration auf dem Wenzelsplatz wurde von Beobachtern als die größte Kundgebung seit 20 Jahren bezeichnet. Am Vormittag hatte das Regime an derselben Stelle den Staatsfeiertag mit der feierlichen Vereidigung von rund 1.500 Rekruten und einer Parade begangen, wozu der Patz von Polizei und Militär abgeriegelt worden war. Zu der Kundgebung am Nachmittag hatten unabhängige Gruppen aufgerufen. Sie seien, so die offizielle Lesart, „mit sanften Mitteln“ abgedrängt worden. Nach Schätzungen waren bis zu 20.000 Menschen allein auf dem Wenzelsplatz.

Die Menge rief „Freiheit!“, „Freie Wahlen!“ und „Wir wollen eine andere Regierung!“ Etwa 20 Minuten nach Beginn der Demonstration rückten mehrere Hundertschaften Bereitschaftspolizei mit Schutzhelm und Schlagstock von den Seitenstraßen her gegen die Menge vor. Die Attacken der Polizei vollzogen sich unter Pfiffen und „Gestapo„-Rufen von Hunderten unbeteiligter Zuschauer. Die Polizisten gingen auch gegen Journalisten vor und beschlagnahmten zum Teil gewaltsam die Filme mehrerer westlicher Bildberichter. Siehe auch Reportage und Interview auf Seite 2