: „Auch Späth hat das nicht unterstützt“
Manfred Rommel (CDU), Stuttgarter Oberbürgermeister und Präsident des Deutschen Städtetages, fühlt sich von seinen Parteifreunden im Stich gelassen ■ I N T E R V I E W
taz: Herr Rommel, was tun gegen die Wohnungsnot?
Manfred Rommel: Der Deutsche Städtetag hat vorgeschlagen, ein sechs- bis siebenjähriges Mietwohnungsprogramm mit 10 Milliarden Mark pro Jahr aufzulegen, womit man rund 100.000 Sozialwohnungen im Jahr bauen kann. Das muß der Bund bezahlen, notfalls durch Steuererhöhungen. Aber dazu ist in Bonn bislang keine Neigung zu verspüren, auch unser Ministerpräsident Späth hat das nicht unterstützt, weil die keine Steuererhöhungen wollen. Die 1,6 Milliarden aus Bonn reichen nicht. Wir haben dieses Jahr 500.000 Aus- und Übersiedler und nächstes Jahr bestimmt genausoviel. Es ist ein nationaler Notstand da, der ist nur noch nicht ganz zutage getreten.
Derzeit ist es ins Belieben der Bundesländer gestellt, ob die Wohnungen dann mehr als fünf Jahre belegungs- und mietpreisgebunden sind...
Ja, so bringt uns das in den Städten gar nichts. Wir brauchen eine zwanzigjährige Bindung. In den Innenstädten haben wir nur noch knappe Grundstücksreserven, und wir können nicht alle fünf Jahre ein neues Sozialwohnungsprogramm für Notfälle auflegen. Das Hauptproblem ist doch, daß ein wachsender Teil der Bevölkerung auf dem Markt nicht zum Zuge kommt.
Und die bevorstehende Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit...
...wird das Problem noch verschärfen. Wir haben uns dagegen gewandt, aber das ist nicht mehr aufzuhalten.
Was schlagen Sie als Kommunalpolitiker denn jetzt vor?
Wir müssen vorhandenen Wohnraum besser nutzen. Außerhalb der Ballungsräume stehen relativ viele Wohnungen leer, an die muß man ran. Man könnte Leerstand oder die Umwandlung in Gewerberäume nicht nur in den Innenstädten verbieten, sondern auch außerhalb. Man kann auch prüfen, ob man jemanden, der eine Wohnung leerstehen läßt, steuerlich so behandelt, als ob sie vermietet wäre.
In Berlin werden derzeit sogar Wohnungen beschlagnahmt.
Berlin als Bundesland hat auch eine Landesgesetzgebung, aber nach unserem Polizeirecht geht das nur für ein halbes Jahr.
In Berlin auch. Aber halten Sie denn prinzipiell mehr administrative Eingriffe für richtig?
Wohnungszwangswirtschaft halte ich nicht für sinnvoll, das wäre das sicherste Mittel, den Republikanern Wähler zuzuführen. Und es wäre auch unvertretbar, alten Leuten, die alleine in großen Mietwohnungen wohnen, jemanden aufzuzwingen.
Man könnte aber die Fristen, innerhalb derer eine Wohnung wieder vermietet werden muß, verkürzen oder die Bußgelder erhöhen.
Das ist eine technische Frage, dem kann ich mich öffnen.
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