: Helmut Kohl im Fettnapf
■ Bundeskanzler will bei Polenreise St.Annaberg besuchen - den Ort heftiger Grenzkämpfe von 1921
Warschau (dpa) - Das polnische kommunistische Parteiorgan 'Trybuna Ludu‘ hat sich am Montag scharf gegen die Aufnahme des oberschlesischen Wallfahrtsortes St.Annaberg in das Polen-Besuchsprogramm von Bundeskanzler Helmut Kohl gewandt. Es sei ein „Skandal“, daß der Unterhändler der polnischen Regierung, Mieczyslaw Pszon, sich mit diesem Programmpunkt einverstanden erklärt habe.
Für Polen und Deutsche ist der Annaberg (heute: Chelm) seit 1921 heftig umstrittenes Symbol. Bei der Volksabstimmung über die deutsch-polnische Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg hatten sich im Kreis Groß-Strehlitz, zu dem der Annaberg gehört, knapp die Hälfte der Bewohner für den Verbleib beim Deutschen Reich entschieden. Nachdem polnische Verbände in das Abstimmungsgebiet eingefallen waren, kam es zu blutigen Kämpfen mit oberschlesischen Selbstschutzverbänden und Freicorps.
In der 'Trybuna Ludu‘ heißt es, die Aufnahme des Kanzlerbesuches am Annaberg, wo Kohl während seiner Polenreise (9. bis 14.November) an einer Messe in deutscher Sprache teilnehmen will, ins Besuchsprogramm bewege viele Gemüter in Polen: „Der Annaberg ist ein Ort des polnischen, religiösen Kults und des Patriotismus.“
In Bonn gab es bis zum Montag nur die Bestätigung, daß Kohl in St.Annaberg das Kloster besuchen will. Ob das Warschau genehm ist, sei noch nicht bekannt, hieß es.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen