piwik no script img

Kohl schleicht noch um den neuen Fettnapf

■ Kanzler-Visite im polnischen Annaberg wieder fraglich / CSU rät zu, FDP und SPD raten ab / Widersprüche auch in Polen

Bonn/Warschau (dpa) - Neun Tage vor dem Beginn der Polen -Reise von Bundeskanzler Kohl steht der umstrittene Besuch des Kanzlers im Wallfahrtsort St. Annaberg noch nicht fest. Über die endgültige Reiseroute Kohls vom 9. bis 14. November müßten noch abschließende Gespräche stattfinden, hieß es am Dienstag in Bonn und Warschau. Polens Ministerpräsident Mazowiecki will dazu auch noch mit dem Kanzler telefonieren.

Der Wunsch Kohls, an einer Messe im Wallfahrtsort Annaberg in Schlesien teilzunehmen, der wegen der blutigen Auseinandersetzungen Anfang der 20er Jahre zwischen Polen und Deutschen für beide Seiten ein Symbol ist, war in Warschau auf heftige Kritik der Kommunisten gestoßen. Auch katholische Kreise äußerten Unverständnis, während der Bischof von Oppeln, Alfons Nossol, nichts gegen eine Kohl -Visite in St. Annaberg einzuwenden hat.

Im Kanzleramt hieß es, man habe nicht den Eindruck, daß der Kanzler „diesen Programmpunkt schon gestrichen hat“.

SPD-Partei- und Fraktionschef Hans Jochen Vogel forderte den Kanzler zu „größter Vorsicht und Sensibilität“ auf. Die FDP-Außenpolitikerin Hildegard Hamm-Brücher appellierte „dringend“ an Kohl, seinen Besuchsplan zu überprüfen. Dagegen verteidigte CSU-Generalsekretär Erwin Huber die Teilnahme Kohls an einer Messe in Annaberg. Gerade dies sei eine „starke Geste der Aussöhnung“. Der Sonderbeauftragte der polnischen Regierung, Mieczyslaw Pszon, versicherte in Warschau, er habe niemals sein Einverständnis zu dem deutschen Vorschlag für einen Kohl-Aufenthalt in Annaberg gegeben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen