: Forschung bedroht?
ARD-Magazin „Report“ aus München „analysiert“ die Wissenschaftspolitik des rot-grünen Senats ■ T V - K R I T I K
Der arme Berliner Bär tapst auf allen Vieren ins alternative Abseits. Wußten wir es nicht alle? Natürlich, sie ist lebenswichtig für die geteilte Stadt, als „Drehscheibe zwischen Ost und West“. Jetzt wird ihr in Hessen Asyl gewährt, vielleicht, wenn alles gut ist. Die Rede ist von der Akademie der Wissenschaften, die der rot-grüne Senat auflösen will. „Report“ aus München „entlarvte“ in seiner Sendung diese Woche die Berliner Wissenschaftspolitik, nachdem beim letzten Mal die Kulturpolitik dran war. Motto: „Der Bär ist los - vertrieben ins alternative Abseits“. Die Sendung, die allemal tauglich ist für den abendlichen Adrenalinausstoß, enttäuschte auch diesmal nicht. Und was bietet sich mehr an als Aufhänger als die „Vertreibung“ der Akademie der Wissenschaften, die sich doch mit den „existentiellen Fragen der Gesellschaft“ beschäftigen wollte. Kein Zweifel: „Sie ist ein Opfer auf dem rot-grünen Koalitionsaltar“, Opfer einer „verqueren Ideologie“. Und deren Vertreter schrecken nicht davor zurück, jetzt die Hessen zu agitieren, dort „Front zu machen“ gegen das Projekt, von dem gar nicht sicher ist, ob es überhaupt dorthin kommt.
Zweites Beispiel (natürlich): das Hahn-Meitner-Institut. Für den Forschungsreaktor, so der Autor des Beitrags, wird die Inbetriebnahme verweigert. Und das, obwohl der doch mit Atom kaum etwa zu tun habe. Eine weiterer Vorwand sei die Entsorgungsfrage. Fazit: Auch hier ist ein internationales Großforschungsinstitut gefährdet. Und dazu wird es neuerdings auch noch von den völlig unfähigen Beamten der AL -Umweltverwaltung beaufsichtigt.
Drittes Beispiel: Forschungsblockade an der TFH, der zwar teure Labore eingerichtet wurden, die jetzt aber keiner nutzen kann.
Fazit des Berichts: Die Berliner haben besonders schwere Lebensbedingungen, und die Attraktivität der Stadt hängt von der wissenschaftlichen Ausstrahlung ab. Die ist jetzt durch kleinliche Parteipolitik passe. Bleibt dem Autor nur noch, sich nach den goldenen Zeiten der unabhängigen Forschung zu sehnen. Wann das war? Zu Zeiten Wilhelm von Humboldts und der Blüte der Preußischen Akadamie der Wissenschaften.
kd
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