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Gedächtnislücken im Senat

■ Wirtschaft und Soziales streiten um Beschlagnahme

Mindestens einer im Senat leidet unter Amnesie. Schon am gestrigen Freitag konnten sich verschiedene Senatsvertreter anscheinend nicht mehr erinnern, was sie am letzten Montag noch selbst beschlossen und nicht beschlossen hatten. Während Scherf-Vertreter Hans-Christoph Hoppensack sich ganz genau daran erinnern will, seine Pläne, das ehemalige Lloyd -Hotel notfalls per Polizei-Zwangsmaßnahme für Aussiedler beschlagnahmen zu lassen, angekündigt zu haben ohne im Senat darüber abstimmen zu lassen, erinnert sich Frank Haller, Senatsdirektor bei Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer, an eine ganz andere Version.

Ausdrücklich, so Haller, habe man sich darauf verständigt, von Zwangsmaßnahmen gegenüber dem Eigner des Hotels abzusehen und eine vertragliche Lösung zu suchen. Haller: „Beim Lloyd-Hotel handelt es sich schließlich um ein Schlüsselgrundstück für die Neugestaltung der Bürger

weide. Da können wir es uns nicht leisten, Investoren durch die Androhung von Zwangsmaßnahmen zu verärgern.“ Er selbst habe deshalb persönlich seine Hilfe angeboten, um zu einer gütlichen Einigung zu kommen. Umso verdatterter war der Senatsdirektor, als er am nächsten morgen in allen Zeitungen die öffentlichen Ankündigungen seines Senatsdirektorskollegen Hoppensack lesen konnte, das Hotel notfalls per Polizeirecht mit Beschlag zu belegen.

Hoppensack seinerseits erinnert sich zwar, daß „Haller nicht gerade glücklich war, während Finanzsenator Grobecker ihn ausdrücklich unterstützt habe. Von einem Beschluß, auf Zwangsmaßnahmen zu verzichten, will Hoppensack aber nichts wissen.

Am Montag will Haller jetzt persönlich bei dem „sehr verärgerten“ Investor gut Wetter machen gehen. Am Dienstag soll die Angelegenheit dann erneut in den Senat.

K.S.

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