Eine Schlappe für die Natur

■ Österreich gibt beim Nachtfahrverbot für LKWs klein bei

Jetzt steht es fest: Zwar tritt das Nachtfahrverbot für LKWs über 7,5 Tonnen wie vorgesehen am 1.Dezember in Kraft, doch in erheblich entschärfter Form. Wiens Verkehrsminister Rudolf Streicher hat sich in den Verhandlungen mit EG -Verkehrskommissar Karel van Miert über den Tisch ziehen lassen und sich auf eine generelle Ausnahmeregelung für LKWs mit leichtverderblichen Gütern eingelassen. Die gilt zwar nur für sechs Monate, aber dann wird das Gerangel um Ausnahmeregelungen von vorne losgehen.

Bis dahin ändert sich am Brenner und den anderen Alpenpässen erst einmal gar nichts. Die LKW-Lawine, die sich Nacht für Nacht über die österreichischen Transitstrecken wälzt, rollt weiter. Die Belastung von Mensch und Natur durch Lärm und Abgase in der Region hält an. Hatten die Bewohner im Inntal und in Tirol noch vor ein paar Wochen gehofft, nach langer Zeit ab 1.Dezember endlich einmal wieder tief durchatmen zu können, so sehen sie sich getäuscht. Die dicke Luft in den Alpentälern bleibt, die Zerstörung des Alpenraumes schreitet fort. Alle Bürgerproteste in der Region haben nichts genützt, die Drohgebärden des Bonner Verkehrsministers Zimmermann und seines italienischen Kollegen dagegen Wirkung gezeigt. Zimmermann hatte mit markigen Worten Vergeltungsmaßnahmen gegen die Österreicher gefordert, wenn sie das Nachtfahrverbot wirklich einführen. Er hatte auch gedroht, die Chancen der Österreicher auf einen EG-Beitritt würden sich durch diese - umweltpolitisch sinnvolle - Maßnahme verschlechtern.

Der Zwerg hat in der Auseinandersetzung mit dem wirtschaftlichen Riesen EG dann doch lieber nachgegeben. Dabei hatten die Österreicher ganz gute Karten. Im Alpentransit vom Norden in den Süden der Gemeinschaft geht ohne sie gar nichts. Und wenn Österreich nicht mitmacht, dann gibt es 1993 keinen Markt ohne Grenzen. Die Europäische Gemeinschaft hätte im Streit um den Alpentransit zeigen können, wie ernst es ihr mit umweltpolitischen Maßnahmen wirklich ist. Die EG hätte ökologische Zeichen setzen können. Einmal mehr zeigt der Streit um das Nachtfahrverbot jedoch, daß wirtschaftliche Belange schwerer wiegen.

Beatrix Bursig