Die Entführer und der Millionentraum

■ Ganoven kidnappten Ganoven - um ihm mit Gewalt drei Millionen Mark vermeintliche Beute abzupressen / Prozeß begann gestern

Wer glaubt, daß ein Ganove dem anderen kein Auge aushackt, der wurde gestern in einem Prozeß vor der 17.Strafkammer des Landgerichts eines Besseren belehrt. In der auf mehrere Tage anberaumten Verhandlung stehen drei Männer wegen des Vorwurfs vor Gericht, den Ganoven Werner Z. entführt zu haben, um ihn zur Preisgabe des Verstecks von drei Millionen Mark zu zwingen, die Z. vor zehn Jahren durch eine Unterschlagung beim Diakonischen Werk in Hamburg erbeutet hatte.

Der Hochbauingenieur Amir F. (38), der Metallfacharbeiter Uwe K. (32) und der Maler Detlef T. (36) sind wegen Freiheitsberaubung und versuchter schwerer räuberischer Erpressung angeklagt. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft soll sich die Tat wie folgt abgespielt haben: T. und K. lauerten Werner Z. am frühen Morgen des 8.Mai auf dessen Rückweg vom Zeitungskiosk zusammen mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter auf. Sie gaben sich als Kriminalbeamte aus und führten Z. zu einem PKW, klebten ihm dort die Augen zu und fuhren ihn zu einer in der Franz-Künstler-Straße 15 gelegenen Wohnung. Dort wurde Z. mit verbundenen Augen mit Handschellen an ein Bett gefesselt und unter Druck gesetzt, das Versteck der drei Millionen preiszugeben. So soll er zum Bespiel geschlagen worden sein, kein Essen erhalten und Schnaps eingeflößt bekommen haben. Für den Fall, daß er nicht rede, soll ihm auch mit vorgehaltener Pistole „die Liquidierung“ angedroht worden sein. Werner Z. gelang es jedoch nach zwei Tagen Gefangenschaft zu entkommen. Er erstattete sofort Strafanzeige und soll dabei erklärte haben, daß er von der Dreimillionenbeute allerdings keine müde Mark mehr besitze: Er habe nach seiner Tat vor zehn Jahren in Wertsachen angelegt, die nach seiner Festnahme zugunsten des Diakonischen Werks versteigert worden seien.

In einem zweistündigen, kaum verständlichen Redefluß führte der Angeklagte Amir F. gestern aus, daß es seine Idee gewesen sei, Z. in die Wohnung zu bringen. Es habe sich aber um keine Entführung gehandelt, weil man nur „in Ruhe“ mit Z. habe reden wollen. Als Grund für das Gespräch nannte F., daß er und ein Bekannter von Werner Z. um 5.500 Mark betrogen worden seien. Sie hätten Z. den Kredit in dem Glauben bewilligt, er werde ihnen das Geld in dreifacher Höhe zurückzahlen, wenn er bei einer Reise nach Westdeutschland an die drei Millionen Mark gelangt sei. Nachdem sie von Z. ständig auf später vertröstet worden seien, sei der Plan mit der Wohnung gereift: um herauszubekommen, ob Z. einen Beweis für die Existenz der drei Millionen habe. Außer einer Ohrfeige sei ihm dort in seiner Gegenwart jedoch keine Gewalt angetan worden, versicherte Amir F. Der Mitangeklagte Uwe K. erklärte, daß er für eine von F. in Aussicht gestellte Belohung von 40.000 DM mitgeholfen habe, Z. in die Wohnung zu bringen. Detlef T. gab an, von dem Plan seiner Mitangeklagten zwar unterrichtet, an der Ausführung selbst aber nicht beteiligt gewesen zu sein. Mehr Klarheit soll nun das Opfer in das Geschehen bringen. Werner Z. ist für den kommenden Prozeßtag am 15.November als Zeuge geladen.

plu