: Falsche Feindbilder
Datenklau als Ersatz für Wohnungspolitik ■ K O M M E N T A R
Besetzer sammeln Material gegen türkische Mieter, und praktizieren Polizeimethoden gegen Mieterberater inzwischen überrascht es niemanden mehr, daß die Szene in Kreuzberg 36 so auf den Hund gekommen ist. Es ist kein Zufall, daß man sich an den Wohnungen, den Akten und den persönlichen Daten der schwächsten Mietergruppe, den türkischen Familien, vergreift. Es zählt nur noch, ein paar vergammelte Quadratmeter ein paar Monate länger behausen zu dürfen, während die politische Maske angeschminkt ist. Die Wohnungsnot hetzt jeden gegen jeden, nur mühselig verbrämt durch wirre, widersprüchliche Flugblätter.
Trotzdem sind Staat und Sozialbehörden nicht aus der Pflicht entlassen, sich auch um solche ausgetickten Leute zu kümmern, die offenbar nicht in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen. Das schon, um zu verhindern, daß sie weiterhin mit Tränengas in der Gegend herumballern. Allerdings darf das nicht auf Kosten des Kiezes und womöglich noch auf Kosten der türkischen Bevölkerung in diesem gehen. Eines ist jedenfalls klar: Politisch ernst nehmen muß man diese „Besetzer“ nicht mehr.
Eva Schweitzer
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