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Westarroganz-betr.: "Gegen den Strom", Leserbrief taz vom 24.10.89

betr.: „Gegen den Strom“, Leserbrief von Piet Bauer,

taz vom 24.10.89

Neuerdings empfindet sich scheinbar jede/r, der/die die Phrase „Frontberichterstattung“ als Vorwurf loswerden kann, als besonders intelligent. Ich hoffe doch sehr, Ihr zieht Euch die Jacke des Lesers nicht.

Da ist sie wieder, diese typisch linke Westarroganz, mit der SED-Mauer im Kopf: Soll man doch die Typen da in der DDR ihr Zeug alleine machen lassen. Wozu den Rüssel da reinhängen? Zumal doch viele dieser DDR-Typen gar nicht recht ermessen können, wieviel Gutes sie dort haben - in der DDR. Sorry, lieber Piet, wenn ich Dir zu nahe trete oder Dich mißverstanden habe; so ein Zug weht mich aber an aus Deinen Zeilen.

Seit ich hier im Westen bin (seit zwei Jahren) begegne ich dieser Sorte Linker, die alle so mächtig toll Bescheid wissen, vor allem, sich so kernig gelassen über diesen ganz, ganz fernen Staat, die souveräne DDR, äußern können. Manche behaupten sogar, diese DDR zu kennen (fahren im Jahr für ein oder zwei Tage rüber) - so wie Du, lieber Piet, dem bei diesen Fahrten an Dingen, die sich ändern müßten, tatsächlich nichts weiter auffällt als Umweltverschmutzung und Bürokratismus.

Seit zwei Jahren könnte ich mit der Stirn gegen die Wand rennen und nur schreien, schreien, wenn ich Euch so selbstsicher reden höre. Eigentlich ist da drüben alles gar nicht so übel, gell? Jetzt sind sogar die Großdemonstrationen legalisiert, wie Du schreibst. Na bitte! - Mensch, hast Du immer noch nicht mitgekriegt, daß da was passiert, was in Kürze unser ganzes (zumindest) westliches Europa einschneidend angehen wird?

Bernd

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