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Ende der Wendehälse?

■ Die Angst der FDP vorm nationalen Notstand

Die Resolution des Bundestags zur polnischen Westgrenze soll ein Erfolg der FDP sein, weil sie Genschers Worte zur Endgültigkeit der Oder-Neiße-Linie enthält. Zumindest wollen es die Liberalen so verstanden wissen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Es stellt sich die Frage nach den Ursachen ihrer Selbstverleugnung gegenüber der Union. Immerhin stand nämlich die Glaubwürdigkeit ihres einzigen Aktivpostens für eine eigenständige Politik in Gestalt des Außenministers auf dem Spiel. Doch die FDP selbst traute sich nicht einmal, Genschers Politik zu vertreten. Sie wurde dazu durch die SPD gezwungen, die Genschers Worte gegen den Unionswunsch stellten, die Westgrenze nur für die BRD, nicht aber endgültig anzuerkennen. Folgerichtig brach auch der Zwergenaufstand der FDP alsbald zusammen; es reichte den Liberalen, wenn zwei eigentlich unvereinbare Positionen unverknüpft nebeneinander stehen. Das ist ein politisches Unikum; nicht aber die „bisher weitestgehende Garantie“ der polnischen Westgrenze.

Warum kriecht die FDP derart zu Kreuze? Die Liberalen treibt derzeit die Sorge vor einem nationalen Notstand um. Geht die Novemberrevolution in der DDR im gegenwärtigen Tempo weiter, und gelingt es trotz eingeleiteter Demokratisierung nicht, die Menschen zum Dableiben zu bewegen, dann kommen Aufgaben auf die Bundesrepublik zu, die den Handlungsspielraum bisheriger Regierungskoalitionen weit überschreiten und den Schulterschluß der großen Parteien erzwingen. Bricht die DDR ganz zusammen, und fordern die Menschen dort die Einstaatlichkeit - was uns hoffentlich erspart bleibt -, gilt dies erst recht. Dann entstehen außenpolitische Probleme, die nur in der Geschlossenheit lösbar erscheinen.

Eine „Aufgabe von nationalem Rang“ komme auf die Republik zu, hat Helmut Kohl am Mittwoch im Bundestag gesagt und zur Vereinigung der Kräfte aufgefordert. Oppositionschef Vogel erklärte, die kommenden Aufgaben gehen „weit über das hinaus, was uns sonst Tag für Tag beschäftigt“: Die SPD werde sich dem nicht entziehen. Auch Willy Brandt hat in seiner andeutenden Art über den nationalen Notstand und die große Koalition sinniert. Erstes Opfer dieser historischen Wende, die die Nachkriegszeit endgültig beenden würde, aber wären die institutionalisierten Wendehälse von der FDP. Die jahrzehntelang eingespielte Machterhaltungsmechanik liefe dann ins Leere; die von CDU, SPD und manchen ampelsüchtigen Grünen umworbenen Liberalen würden dann zur Fußnote der Geschichte - egal ob sie noch einen Platz am Kabinettstisch erhalten oder ganz außen vor bleiben. Daß sie im Augenblick in der Deutschland- und Ostpolitik viel mehr Gemeinsamkeiten mit der SPD hat als mit der Union, wird dann vom Windhauch der Geschichte weggeweht.

Gerd Nowakowski

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