: Jour Fixe zum Mitschreiben
■ Das Bremer Theater stellte die zweite Spielzeit vor / Hans Kresniks Überraschung: Ulrike Meinhof als Tanztheater
Das Praktische an einem „Jour Fixe“ ist das Unverbindliche. Im Gegensatz zur Pressekonferenz, ein mit dem Ruch von echter Mitteilung und anschließendem Mehrwissen behaftetes Gebilde.
Der „Jour Fixe“ vom Bremer Theater, das Treffen von Persönlichkeiten und Journalisten, dient der „Vorstellung des Spielplanes“ für die zweite Spielzeit-Hälfte, sowie, und jetzt kommt's, „weiterer aktueller Informationen rund ums Bremer Theater“.
Schauplatz I.Rang, aber Foyer: An runden Tischlein sitzen Persönlichkeiten und Journalisten, gegenüber, vor(!) einem langen Tisch, steht der Theaterintendant als postmoderner Lehrer
Lämpel. Die Haare zurückgebriskt, dunkelrotes Künstlerjackett, ist er stolz, daß man das Theater aus der Umbau-Not in die Variable-Spielstätten-Tugend habe führen können und mit Freude jeweils empfangen worden sei. Und jetzt die 2.Spielhälfte, notieren Sie! Was, mitschreiben, is nich Jour Fixe? Wie wärs mit was Vorfixiertem? Blick zurück vom Intendanten in seinen Hintergrund, ham wir was? Ja, nein, vielleicht, Mitschreiben ist besser. Also da haben wir da die erste Veränderung, dann haben wir dort die zweite, dieses wird dahingehend verändert, jenes dorthin, Datum, Datum, Umbau, Umbau. Witzigerweise bleibt im
Musiktheater fast alles, wie's ist, obwohl der Umbau doch gerade diese Sparte handicappen müßte. Im Schauspiel gibt es dafür von sieben Vorhaben fünf (meist Termin-)Änderungen, wobei das ehrgeizigste „Morph-Enorm“ (von Walter „Morrison“ Strehlow, UA, Regie Andras Fricsay), in die nächste Spielzeit verschoben wird. Komisch: Hat nicht gerade das Schauspiel ein festes Dach über dem Kopf? Müssen wir schon wieder Böses dabei denken? Wo bleibt die „weitere aktuelle rund um„-Info?
Fix geht der Jour fixe vorbei, schon wartet das Buffet und stellt den Geist via Magen ruhig. Aber es gab doch noch was richtig Spannendes: Hans Kresnik beginnt in den nächsten Tagen mit den Proben zu seinem neuen und damit ersten Original-Bremer
Projekt: Ulrike Meinhof als choreografisches Theater. Aus aktuellen Gründen, weshalb sich die angekündigten Tanz -Stücke verschieben.
Kresnik wundert sich später, daß niemand was wissen wollte, ist die Meinhof kein Thema mehr? Weil ich was wissen will, bringt er einen zusätzlichen Teller vom kalten Buffet mit. Wieso Ulrike Meinhof? „Soll ich in diesen Zeiten etwa 'King Lear‘ machen?“ S'wär „natürlich ruhiger...!“ Und weil die Geschichte von „damals“ in das „Ereignis DDR“ in diesen Tagen mündet, weil die Bundesrepublik den Terrorismus damals unwichtig gemacht hat, weil ihm die Entwicklung dieser euphorischen Tage unheimlich ist , verwirklicht er bloß noch, was er schon lange im Kopf hatte, er ist ja 68er. Also:
Was geht in jemand wie der Meinhof vor, was macht die Geschichte mit diesem Kopf. Eigentlich ist sie ja eine eher spröde Figur, im Vergleich zu Sylvia Plath. Und was für Bilder hat er zu Ulrike Meinhof im Kopf? Na, „das geht vom Gartenzwerg bis Schleyer“.
Eine persönliche Frage: Wie war's bisher in Bremen? Also gerade kommt er von Stuttgart, gleich muß er nach Moskau, demnächst Münchner Festspiele, New York wartet bereits ungeduldig, erstaunlich, daß er schon einmal an der Weser war. Die Lufthansa erinnert ihn schon rechtzeitig an seine Termine. Prima Service. Was hat er für ein Verhältnis zum Theaterrest, zum Intendanten? „Ich hatte noch nie ein Verhältnis mit einem Intendanten.“ Claudia Kohlhas
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