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Schorsch, der Attentäter aus dem Volk

Die Stadt Heidenheim macht mit einem Gedenktag und einer Ausstellung endlich den Versuch, den Hitler-Attentäter Johann Georg Elser zu ehren / OB: „Ein Vorbild an Willensstärke“ / Doch in Elsers Heimat kommt die Anerkennung nur zögernd  ■  Aus Heidenheim Erwin Single

Manierlich und offiziell sollte es zugehen, wenn eine Stadt einen ihrer verlorenen Söhne posthum ehrt. In Heidenheim, im Konzertsaal vor 150 BürgerInnen und bei Kammermusik, bemühte sich die Stadt am Wochenende in einer Feierstunde um die Rehabilitation eines Mannes, der in seiner Heimat jahrelang totgeschwiegen wurde: Johann Georg Elser, ein schlichter Handwerker von der Schwäbischen Alb. Elser, der „Attentäter aus dem Volk“, hatte vor 50 Jahren im Münchner Bürgerbräukeller versucht, mit einem Bombenanschlag Hitler zu töten. Dabei hat nicht viel gefehlt: Ganze sieben Minuten zu spät explodierte der selbstgebastelte Sprengsatz. Hitler war am Abend jenes 8. November 1939 früher abgereist.

Oberbürgermeister Martin Hornung fand dann auch anerkennende Worte vor dem Festpublikum: ein Vorbild sei er gewesen an Willenstärke und Charakterfestigkeit. Ein halbes Jahrhundert nach Elsers Tat wird nun auf historische Fakten gesetzt: In der Festrede charakterisiert der Historiker Peter Steinbach Elser als den „namenlosen Attentäter“. Ein einsamer Einzelgänger, der ohne politische oder religiöse Ideologien bereit war zum Eingriff in die Geschichte. In seiner Heimat hatte Elser weithin als „Unperson“ gegolten: ein Terrorist, ein Verbrecher gar, auf jedenfall einer, der vielen komisch oder suspekt vorkam. Auch die Stadt Heidenheim ließ sich mit Elser viel Zeit: Den Stadtoberen war bei dem Stichwort Widerstand gegen den Faschismus immer zuerst der in Heidenheim geborene Wehrmachts-Offizier Erwin Rommel eingefallen, dem sie nach dem Krieg bald ein Denkmal errichteten. Elser erhielt erst viel später eine Würdigung. Zu seiner Erinnerung stellte die Stadt 1971 eine bescheidene Gedenktafel auf - mit falschem Todesdatum.

In Elsers Geburtsort Hermaringen wurde nach harten und unschönen Auseinandersetungen 1982 endlich eine Straße nach Elser benannt. In Königsbronn, wo Elser die meiste Zeit lebte, gibt es bis heute nichts dergleichen. Dort haben sich viele wegen Elser geschämt; in der Nazizeit und auch noch danach war Königsbronn als „Attentatshausen“ beschimpft worden. Dem 86jährigen Eugen Rau hatten MitbürgerInnen Jahre später noch seine Freundschaft zu Elser vorgeworfen: „Man müsse keine Freunde haben, die einen an den Galgen bringen Können.“ Dabei gab es auch immer wieder Versuche, die Person Elsers in ein anderes öffentliches Licht zu setzen, wie jetzt mit den Gedenktagen. „Viele wollen einfach nichts mit Elser zu tun haben und sind jetzt auf Tauchstation gegangen“, sagt Manfred Maier vom Georg-Elser-Arbeitskreis. Der Arbeitskreis, in dem sich 15 couragierte BürgerInnen zusammengefunden haben, versucht, Georg Elser in der Heimatgeschichte mehr Beachtung zu verschaffen. Auf ihr Engagement gehen auch die Heidenheimer Gedenktage mit einer Reihe von Veranstaltungen und einer Austellung zurück. Um so erstaunlicher ist es, daß Heidenheims OB Hornung in der Feierstunde gleich eine ganze Litanei von Ehrengästen begrüßte, aber den Arbeitskreis mit keinem Wort erwähnte. Dabei war es diesem sogar gelungen, die Uraufführung von Brandauers Georg-Elser-Films ins Heidenheimer „Capitol“ zu holen. Gerhard Majer, schrieb ein eigenes Theaterstück. Titel: Schorsch, der Attentäter aus dem Volk.

In seiner Heimat gibt es noch genügend Gerüchte und Legenden um Georg Elser, die sich seit dem Attentat gehalten haben. Kurz vor Kriegsende, am 9. April 1945, ermordeten ihn die Nazis im KZ Dachau. Sie hatten ihn als „Sonderhäftling“ überleben lassen, um ihn nach dem „Endsieg“ in einem Schauprozeß als Kollaborateur des englischen Geheimdienstes zu verurteilen. In Exilkreisen wiederum wurde vermutet, sein Attentat sei eine Inszenierung der Gestapo gewesen. Professor Steinbach gab bei der Feierstunde all denen, die sich heute noch an den Spekulationen um Elser beteiligen, zu bedenken: Sich solchen Verleumdungen und Gerüchten anzuschließen, bedeute, das Ansinnen der Nazis zu vollenden.

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