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Die Anderen

■ Neues Deutschland: Zur Einberufung des SED-Sonderparteitages / Le Monde: Zur DDR-Opposition / La Repubblica: Keine Angst vor der Wiedervereinigung / L'Unita: Prager Regime will retten, was zu retten ist

Neues Deutschland

Zur Einberufung des SED-Sonderparteitages

Die Führung hört auf die Genossen, die in den Grundorganisationen, vor Ort, in einer schwierigen und sich derzeit noch weiter zuspitzenden Lage große Arbeit leisten. Es geht um unsere Partei. Es geht um ihre Einheit, um ihre Kampfkraft. Es geht darum, daß wir, einheitlich handelnd, die politische Offensive wiedererlangen.“

Le Monde

Zur DDR-Opposition

Trotz des Zögerns bestimmter Führer der Opposition wie etwa Bärbel Boyley vom Neuen Forum, die die Opposition für ein solches Datum noch für unzureichend vorbereitet hält, gewinnt die Forderung nach freien Wahlen an Popularität. Sie hat die Demonstration am Montag in Leipzig beherrscht, bei der sich wie gewohnt zweihundertbis dreihunderttausend Menschen versammelten. Dies war seit der Öffnung der Mauer die erste wichtige Versammlung auf der Straße, und sie hat gezeigt, daß die Mobilisierung für Reformen nicht erlahmt.

Die Verabschiedung eines neuen Wahlgesetzes wird eines der großen kommenden Themen sein. Sie wird, wie .. zahlreiche Reden in der Volkskammer unterstrichen, mit einer Verfassungsänderung verbunden sein. 'Vollständig freie‘ Wahlen wären in der Tat ein Widerspruch mit Artikel Eins der Verfassung, der der SED eine führende Rolle in der DDR zuerkennt.

La Repubblica

Keine Angst vor der Wiedervereinigung

Müssen wir Angst haben vor einem Vierten Reich, daß entstehen kann aus den Trümmern der sich wandelnden Mauer... Trotz allem Enthusiasmus erkennt man die Sorgen und die beunruhigenden Zweifel: Geht nicht alles viele zu schnell? Werden die Deutschen nicht erneut übermächtig und überlegen? Sind wir dabei eine Wiedergeburt des Pan-Germanismus zu unterstützen und den Verlust eines einigen Europas in Kauf zu nehmen? Nein, es ist nicht notwendig sich solch außerodentlich quälende Vorstellungen zu machen.

Die, die da rebellieren, die Dämme gegen die Reformen von Gorbatschow fortreißen, stehen... für eine scheinbar unaufhaltsame Revolution des Volkes für Freiheit und Demokratie. Darin liegen die Wurzeln für den Optimismus, mit dem die Ereignisse selbst von denen begrüßt werden, die zu Recht weder den Nazismus noch den preussischen Wilhelmismus vergessen haben. Aber genau der Vergleich zwischen Vergangenheit und Gegenwart belegt die richtige und positive Entwicklung... Zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands kommen Millionen von Deutschen auf die Straße, um von den Menschenrechten Besitz zu ergreifen. Niemals zuvor ist solches geschehen.

L'Unita

Prager Regime will retten was, zu retten ist

Nach dem Fall der Berliner Mauer, nachdem seit Monaten die Grenze Ungarns zum Westen geöffnet ist, rührt sich nun auch die Tschechoslowakei. Obgleich Reformen widerstrebend, hat sich das Regime gezwungen gesehen, etwas zurückzuweichen, vieleicht in der Hoffnung, nun zu retten, was noch zu retten ist... Adamaec hat nicht die Besonderheiten der Maßnahmen erläutert, aber sein ganzer Vortrag war gehalten in einem Ton außerdentlicher Liberalität.

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