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Hochfinanz unter Mensa

■ Firmenkontaktgespräche an der Bremer Uni

Gestern in der Uni: Direkt unterhalb der legendären akademischen Verpflegungsstelle, in den Räumen des Studententheaters, hat die große Weltwirtschaft einige klitzekleine Stände aufgebaut, echt messemäßig mit Knabberzeug, Hochglanzbroschüren, feschen Enddreißiger -Infoleuten und Stellwänden, auf denen Heißluftballons schweben („Karriere ohne Branchengrenzen“), Bankgebäude sich in Teichwasser spiegeln und Schnauzbärte sich am Schreibtisch beraten.

„Catch the World“ tönt es vom Infoblatt einer ominösen Studentenvereinigung, die da heißet AIESEC und die acht Firmen, Großbanken, Wirtschaftsberater und eine Teuerautofabrik, und die StudentInnen der Wirtschaftswissenschaften in Kontakt bringen möchte. Und doch doch, von den etwa 2.000 derartigen StudentInnen kommen und fragen etwa 60, überwiegend Erstsemester, überwigend frustriert. Denn außer ei

tel Selbstdarstellung haben die Firmen nicht viel zu bieten; nur feine Karrierepläne (Assistent - Projektleiter - Manager - nach zehn bis fünfzehn Jahren Partner/Geschäftsführer, „bei etwas Glück„; alles hübsch graphisch dargestellt) und das Versprechen, daß man ordentlich in der Welt rumkommen wird - „wir setzen Reisefreudigkeit voraus“.

Was die Studies wirklich juckt, sind Fragen nach Praktikumsmöglichkeiten, um diese Stuivesandwelt kennenlernen zu kön

nen. Die Firmenleute verweisen schlank auf die „Zentrale“ und ihre „Traineeprogramme“, eine Art Karrierefilter, wo nach Kröpfchen und Töpfchen (in der Probezeit, versteht sich) sortiert wird.

Ein vermutlich unterschätztes Unternehmen ist die veranstaltende AIESEC („Vision: Peace and Fulfillment of Mankind's Potential“), die 1948 in Stockholm gegründet wurde, zu deren Förderern Genschman, Leisler-Kiep, Dohnany, AEG, IBM, Bayer, Dow Chemical usw. usf.

gehören und die 60.000 weltweite studentische Mitglieder haben will. Die „weltgrößte Studentenvereinigung“ hat Drähte zum DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst), ist von der UNO als Verband anerkannt, und der Vorsitzende des Lokalkommitees Bremen, Carsten Sydow, hat ein Zimmer in der Uni.

Die Uni Bremen, man staunt noch ein bißchen: Mittendrin eine Rekrutierungsstelle von Hochfinanz und Consulting, und nicht ein müdes Flugblatt rüttelt auf. Bu

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