Rüstungskonversion sucht Kapitaleinleger

■ Umstrukturierung der Rüstungsproduktion soll in Bremen beginnen / Stiftung startet Fachkongreß am Wochenende

Im Mai diesen Jahres hatte sich die „Bremer Stiftung für Rüstungskonversion und Friedensforschung“ konstituiert. Sie will Forschungsvorhaben für neue Produktionsbereiche in Ökologie und Umwelt unterstützen und das Gebot der Stunde, die Rüstungskonversion, öffentlich machen. Doch guter Wille allein reicht auch in Bremen nicht: Das angestrebte Gründungskapital von 50.000 Mark ist erst zur Hälfte bei der Bremer Stiftung eingegangen.

Angesichts der großartig angekündigten Beschneidung des Rüstungshaushaltes im Programm einer künftigen SPD-Regierung in Bonn (dort wollen die Sozis 10

Milliarden Mark aus dem Verteidigungshaushalt loseisen) ist der veranschlagte Kapitalstock geradezu lächerlich gering. Doch die Geldbeschaffung scheint trotzdem ein großes Problem zu werden. „Wir müssen noch in diesem Monat das nötige Geld zusammenbekommen, damit wir die Rechtssituation abschließen können“, beschrieb Armin Stolle, Vorsitzender des SPD -Unterbezirks Ost und Stiftungsvorstand, gestern die Lage. Finanzielle Hoffnungsträger sind vor allem die Gewerkschaften und die Kammern, von denen indirekte Zusagen schon vorliegen. Wenn das nötige Geld nicht zusammenkommt, stehen Stolle, Rudolf

Hickel und Ekkehard Lentz dafür ein. Von Arbeitgeberseite kann die Stiftung nichts erwarten. „Die angeschriebenen Unternehmen haben durchblicken lassen, daß sie die Diskussion nicht für nötig halten.„(Stolle).

Am kommenden Wochenende wird die Stiftung ihren ersten Kongreß veranstalten. 200 TeilnehmerInnen werden dazu im Konsul-Hackfeld-Haus erwartet. Im Vordergrund steht dabei die Frage: Was machen wir mit den Rüstungsarbeitsplätzen?

Unter dem Thema „Chancen für Rüstungskonversion“ werden unter anderem Bürgermeister Wedemeier und Justizsenator Kröning, Gewerkschafter und Mitglieder der Friedensbewegung miteinander diskutieren. Klaus Wedemeier, einer der Motoren für den neuen Rüstungskonzern „Systemtechnik Nord“, soll hier zum Apostel der Konversion missioniert werden.

„Wir wollen uns ausdrücklich nicht mit der Fusion Daimler/MBB beschäftigen“, kündigte Stolle für den kommenden Samstag an. „Wir wollen darüber dis

kutieren, wie man endlich mit der Konversion anfangen kann.“ Bremen als Regionalstandort der Rüstungsindustrie kann natürlich nicht die Probleme des Bundes lösen. Mittelfristig werden durch die Fusion 8.000 Arbeitsplätze vernichtet. Doch durch die starke Abhängigkeit von der Rüstungsindustrie erwarten die Stiftungsmitglieder eine erhöhte Sensibilität für das nötige Umdenken.

„Wir müssen davon ausgehen, daß dieses Thema bisher in der Öffentlichkeit nicht zur Kenntnis genommen wird“, formulierte Stolle als Ausgangslage für den Kongreß. „Wenn wir im Geist der letzten acht Tage die Widersprüche offenlegen, in denen eine Landesregierung als Arbeitgeber im Klima der Abrüstung weiterhin Rüstungsgüter produziert, verstehen wir die Betriebsräte nicht, daß sie nicht sagen: 'Jetzt haben wir die Schnauze voll‘ und selbst Vorschläge zur Umorganisation der gesamten Gesellschaft machen“, argumentierte er in Richtung der Arbeitnehmerorganisationen. Die Arbeitsgruppe „Alternative Produktion“ bei der

IG Metall reiche nicht aus, um diesem Bewußtsein breiten Raum zu verschaffen. In spezifisch militärischen Regionen, wie dem Hunsrück oder der Eifel, hingen mit der Rüstung bis zu 75 Prozent der Arbeitsplätze zusammen. „Das reicht von der Bar bis zum Gaststättengewerbe“, appelliert Stolle auch an die anderen Gewerkschaften, sich für die Konversionsproblemem zu engagieren. Am Sonnabend wird es nach einem Einführungsreferat des Bremer Wirtschaftwissenschaftlers Jörg Huffschmidt insgesamt sechs Arbeitsgruppen geben, die Einzelaspekte zur Rüstungskonversion beackern sollen. Politik, Ökonomie, Psychologie, Technik, Wissenschaft und soziale Chancen der Umbildung „nicht nur im Produktionsbereich, sondern in der ganzen Gesellschaft“ werden die Köpfe der KongreßteilnehmerInnen bis zum Abend zum Rauchen bringen. In einem Abschlußplenum soll dann „ähnlich wie beim Krefelder Appell“ eine Bremer Erklärung zur Konversion verabschiedet werden. Markus Daschne