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„Die wollten nur Pipifax wissen“

■ Zeugenvernehmung im Lummer-Untersuchungsausschuß: Worüber man mit Freunden spricht und worüber nicht / Stasi-Agent und Lummer-Biertischkumpel versucht sich zu erinnern

Schon längst ist der „Fall Lummer“ aus den Zeitungen verschwunden, und auch juristisch dürfte die Affäre des ehemaligen Innensenators kein Nachspiel haben: Nur im Abgeordnetenhaus versucht sich dazu noch ein Untersuchungsausschuß.

Gestern mußte nun derjenige in den Zeugenstand treten, der 1970 bis 1975 vom Ostberliner Stasi auf den damaligen CDU -Fraktionsvorsitzenden angesetzt war: Sven Bergmann, langjähriger Parteifreund und Biertisch-Genosse von Lummer. Er, Bergmann, habe seinen Freund Lummer sofort von diesem Auftrag unterrichtet, und danach bildeten die beiden ein eingespieltes Team: Vor jedem Gespräch mit den Herren der Stasi habe er mit Lummer gesprochen, und Lummer auch danach sofort wieder unterrichtet. Ohnehin hätten die nur „Pipifax“ wissen wollen. Wie er sich erklärt, daß soviel Geld für ihn investiert wurde, wo er doch nichts zu berichten hatte? Das habe er sich auch immer gefragt, sagte Bergmann. Er will damals nicht einmal gewußt haben, daß Lummer Mitglied des Sicherheitsausschusses war und Zugang zu vertraulichen Informationen hatte. Auch daß Lummer mit der DDR-Agentin Susanne Rau ein Verhältnis hatte, habe er nicht gewußt, obwohl sie sich zu dritt bei Kneipenrunden trafen.

Zweimal, im Jahre 1973 und 1974, hat er Lummer auch auf seinen Reisen in den Libanon begleitet - auf Kosten der Stasi. Da in Zeitungsberichten die Libanon-Reisen mit Waffenhandel in Verbindung gebracht werden, interessierten sich die Abgeordneten dafür etwas näher. Doch Sven Bergmann mußte passen. Die Gespräche seien meistens auf Englisch geführt worden, er habe zwar immer dabei gesessen, spreche jedoch nur deutsch und habe deshalb kein Wort verstanden. Auch anschließend will er Lummer nie nach dem Inhalt gefragt haben.

An anderer Stelle sprechen die beiden aber schon miteinander. An dem Tag etwa, als Sven Bergmann vom Generalbundesanwalt eine Vorladung erhielt. Ehe er zur Vernehmung ging, habe er Lummer angerufen. Der kam prompt, und das Duo setzte sich im Rathaus Zehlendorf auf eine Bank. Was sie besprochen haben? Nicht viel. „Wir haben uns an dem Tag nicht über die gemeinsame Vergangenheit unterhalten.“ U. Siebe

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