: Unterhaltspflicht - ein garstig Ding
■ Kenias Männer sollen zahlen - und sind empört
Ein männlicher Schrei des Entsetzens schallt durch Kenia. Das Stichwort „Unterhaltspflicht“, das unlängst auf einer Konferenz zu Familienplanung in Nairobi fiel, scheint elektrisierend gewirkt zu haben: seitenlange Artikel, aufgebrachte Leserbriefe, Karikaturen. Bei den Älteren kommt die Erinnerung hoch: 1959, noch zu britischen Kolonialzeiten, wurde ein Gesetz eingeführt, das Männer zu Alimentezahlungen für ihre Kinder bis zum 16. Lebensjahr verpflichtete, egal ob nun ehelich oder nicht. Der Starkolumnist der Tageszeitung 'Nation‘, Wahoma Mutahi, schrieb: „Ich wage zu behaupten, daß damals die Unterhaltspflicht das war, was heute Aids ist.“
Zehn Jahre später - inzwischen war Kenia unabhängig - wurde dieses Gesetz vom kenianischen Parlament wieder eingemottet, nachdem Männer landauf, landab behaupteten, sie wären Opfer von weiblicher Verführung und Betrug geworden. Die Konferenz über Familienplanung, besorgt über die hohe Geburtenrate von 3,8 Prozent, verabschiedete nun kürzlich als Resolution, das Unterhaltsgesetz wieder aus der Schublade zu holen - als Mittel der Geburtenkontrolle und um dem Massenphänomen der Teenage-Schwangerschaften einen Riegel vorzuschieben. Sehr häufig sind nämlich die Väter dieser Kinder gestandene Männer, die mit einer Schülerin als Geliebten eine Verjüngungskur machen wollen, ihre Freundin aber verlassen, wenn sie schwanger wird, um sich einer neuen zuzuwenden. Wenn Männer nicht freiwillig zu verantwortungsvollem Handeln bereit sind, müsse eine Alimentepflicht als Druckmittel eingeführt werden - so der Vorschlag der Familienplanungskonferenz.
In den traditionellen Stammesgesellschaften stellte sich dieses Problem nicht. Das Verhalten der einzelnen wurde streng von den Ältesten und den Gleichaltrigen kontrolliert. Wurde ein junges Mädchen schwanger, was eine große Schande bedeutete, war der Vater immer leicht auszumachen. Er mußte seine Freundin heiraten oder eine Entschädigung an ihre Familie zahlen. Eltern versuchten, ihre schwangere Tochter möglichst schnell unter Dach und Fach zu bringen, wenn nicht an den Vater des Kindes, dann an einen alten Mann als Zweit oder Drittfrau. Erst durch die schnelle Verstädterung und den Zusammenbruch der traditionellen Werte und sozialen Kontrolle sind alleinerziehende Frauen zu einer weit verbreiteten, wenn nicht fast schon zur normalen „Familien„ -Form geworden.
Die Einführung einer Alimentepflicht würde Männer nicht nur empfindlich bei ihrer Betten-Vagabundiererei, sondern auch bei ihrem Portemonnaie packen. So werden alle Register gezogen, um die Wiedereinführung des Unterhaltsgesetzes zu verhindern: Nicht die Männer sollten bestraft werden, sondern die Frauen, wenn es zu viele nicht-eheliche Kinder im Lande gäbe; schließlich hätten sie immer das Recht, „nein“ zu sagen oder aber eine Schwangerschaft zu verhüten.
Doch „das Gesetz hat wenig Chancen, in unserem Parlament durchzukommen“, meint die Nairobier Juristin Lilian Mwaura. Nur drei der 171 Parlamentssitze sind mit Frauen besetzt.
Christa Wichterich
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