: 35-Stunden-Streiks ausgeweitet
In Großbritannien verläuft der Streik um die Arbeitszeitverkürzung abseits der Medien ■ Aus London Jerry Sommer
Die Schwerpunktstreiks in der britischen Metallindustire sind von den Gewerkschaften ausgeweitet worden. Je 1.200 Beschäftigte des Flugzeugherstellers „British Aerospace“ (BA) in Kingston und bei „Smith Industries“ in Cheltenham sind zusätzlich für die Forderung nach einer Reduzierung der Arbeitszeit von 39 auf 35 Wochenstunden in den Ausstand getreten. Schon seit dem 30. Oktober streiken 7.000 ArbeiterInnen in zwei weiteren BA-Werken, in denen auch Airbus-Teile gebaut werden, und in einem EWerk von Rolls -Royce. Die Gewerkschaftsvorstände haben deutlich gemacht, daß sie mit 37 Stunden zunächst zufrieden wären.
Der Metallunternehmerverband hat inzwischen beschlossen, keine weiteren Verhandlungen mit den Gewerkschaften auf nationaler Eebene mehr zu führen. Statt eines allgemeinen Tarifvertrages empfiehlt er seinen Mitgleidern, mit den Gewerkschaften betriebliche Vereinbarungen zu treffen. Die Gewerkschaften haben die generelle Aufkündigung zentraler Vereinbarungen zwar als Public-Relatiions-Trick der Unternehmer bezeichent, aber sie setzen jetzt darauf, mit Konzernen individuelle Vereinbarungen zu treffen, bevor wieder „sinnvolle“ Verhandlungen mit dem Metallunternehmerverband möglich werden.
Weil die Streiks bisher vollständig befolgt wurden, nimmt der ökonomische Druck auf Rolls Royce und BA zu. Beide Konzerne müssen mit hohen Konventionalstrafen rechnen, wenn sie ihre zivilen und militärischen Flugzeugaufträge nicht rechtzeitig abwickeln. Während Rolls Royce den Gewerkschaften jetzt bedingungslose Verhandlungen angeboten hat, fordert BA die Einstellung des Streiks, bevor Gesrpäche überhaupt beginnen sollen.
Politischen Druck zur Beendigung des Streiks gibt es bisher von keiner Seite. Die Unternehmer hoffen, daß den Gewerkschaften die Puste ausgeht. Ihrer Einschätzung nach ist die Arbeitszeitreduzierung eine Idee der Funktionäre, die die Basis nicht allzu sehr unterstützen. Die Regierung schweigt.
Die Metallgewerkschaften selbst haben zu einer öffentlichen Kampagne weder das Geld noch die Absicht. Außer von anderen Gewerkschaften fehlt auch die Unterstützung duch die Labour Party. Und für die Medien ist der Streik der KrankenwagenfahrerInnen wichtiger. Ändern könnte sich das, wenn auch die 32.000 ArbeiterInnen von Ford in Aktion treten. Ein Termin für die Urabstimmung über Lohnerhöhung und 35-Stunden-Woche steht allerdings noch nicht fest.
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