: „Antiterrorgesetz“ durchgepeitscht
FMLN zog sich in die Vororte San Salvadors zurück / Regierende Arena-Partei nutzt Feuerpause ■ Von Ralf Leonhard
Managua(taz) - Zwei Wochen nach Beginn der FMLN -Großoffensive hat sich in El Salvador das Leben in der Hauptstadt zu normalisieren begonnen. Die Aufständischen, die vor wenigen Tagen noch halbe Stadtbezirke San Salvadors besetzt gehalten hatten, haben sich offenbar an die traditionellen Fronten zurückgezogen. Obwohl ein von der Guerilla verhängter Verkehrsboykott noch immer aufrechterhalten wird, sind die Straßen der Metropole wieder so verstopft wie eh und je. Sogar die meisten Linienbusse verkehren wieder. Allerdings nur bis 18Uhr. Denn das Ausgehverbot der Armee ist noch nicht aufgehoben worden.
Die regierende Arena-Partei hat die Verschnaufpause ausgenutzt, um ein „Antiterrorgesetz“ durchs Parlament zu boxen, das mit seinen rigiden Bestimmungen gegen jedliche Opposition das mittelamerikanische Land in einen permanenten Ausnahmezustand versetzt. So stellt das Gesetz etwa nicht nur die Verbreitung, sondern auch den Besitz von regimefeindlicher Literatur unter Strafe. Für Ruben Zamora, einem der Führer der Linkskoalition Convergencia Democratica, ist das Gesetz deshalb „schlimmer als der herrschende Belagerungszustand“. Der Gesetzesentwurf war bereits am 21. Juni, kaum drei Wochen nach dem Amtsantritt der Arena-Regierung der Nationalversammlung vorgelegt worden, hatte damals aber einen solchen Widerstand ausgelöst, daß es wieder zurückgezogen werden mußte.
In Mejicanos und anderen Randbezirken, die vor wenigen Tagen von der Guerilla geräumt wurden, machte sich die Armee inzwischen auf die Suche nach verbliebenen „subversiven Elementen“ und nahm zahlreiche Personen fest.
Bereits am Samstag hatte die Pressestelle der Armee den Absturz einer viersitzigen Cessna-Maschine gemeldet, die mit Waffen für die FMLN beladen gewesen sein soll, darunter auch 24 wärmegesteuerte SAM-7 Luftabwehrraketen sowjetischer Herkunft. Ein Armeehubschrauber, der Journalisten daraufhin zur Absturzstelle im Departement San Miguel, rund 120 km östlich von San Salvador, bringen sollte, geriet allerdings unter Feuer. Zwei Journalisten wurden dabei verletzt.
Generalstaatsanwalt Colorado teilte mit, daß die Ermittlungen noch keinen Hinweis auf die Mörder der sechs Jesuiten erbracht hätten. Doch sei es voreilig, die Armee verantwortlich zu machen. Der Generalstaatsanwalt, Arena -Mitglied, räumte allerdings ein, daß er bisher die Namen der Soldaten, die in der Mordnacht in der Gegend des Jesuitenkollegs Streifendienst hatten, noch nicht festgestellt und auch noch keine Militärs zu dem Massaker vernommen habe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen