Von der Wesermündung ins Packeis und zurück

■ Wissenschaftler erforschen, warum in Bremen das Wetter schlecht ist, wenn in der Antarktis die Ozonschicht zerstört wird

Fünf Wochen lang kreuzte das Bremerhavener Forschungsschiff „Polarstern“ in Begleitung der sowjetrussischen „Akademik Fedorov“ im antarktischem Weddellmeer. Über 5000 Kilometer bahnten sich die Wissenschaftler ihren Weg durch meterdickes Eis

und sammelten Daten über das ökologisch wichtige Eismeer. Zwei Fragen trieb die Forscher im Dienste des Alfred-Wegener -Instituts (AWI) durch die packeisige Kälte: Wie funktioniert die „ozeanische Zirkulation“ des Meeres im Winter (das ist der

ständige Wasseraustausch zwischen Wasseroberfläche und Tiefmeerwasser) und welche biologischen Prozesse spielen sich bei maximaler Ausbreitung des Meereises ab?

Erste Daten sammelten die Forscher über Temperatur und Salzgehalt im Weddellmeer. Der Salzgehalt bestimmt die spezifische Dichte des Wassers. Bei steigendem Salzanteil „fällt“ das Schwere Wasser bis auf den Grund ab. So entsteht der Zirkelstrom. Dabei ließen sich enge Zusammenhänge in der Dichte von tierischem und pflanzlichem Plankton und dem Wassermassenaufbau herleiten. Erstaunlich für die Fachleute war die starke

Ausdehnung des Eises auf der südlichen Halbkugel im Winter: Entsprechend der nördlichen Breitengrade erstreckt sich dort das Eis bis auf die geographische Breite Hamburgs. Weniger überraschend, aber alarmierend werteten die Forscher die Messung der Ozonkonzentration in der Stratosphäre: Die Werte haben sich seit 1987 nicht mehr verbessert, die prognostizierten niedrigen Temperaturen und der nachhaltige Einfluß des Chlors aus den FCKWs zerstören weiter die Ozonschicht.

Die physikalischen und biologischen Vorgänge im Polarmeer sind ein wesentlicher Indikator für die Prognosen über die klima

tischen Veränderungen in der ganzen Welt. Was sich im antarktischen Eismeer derzeit verändert, läßt sich wegen atmosphärischer und maritimer Strömungen mit erheblichem Zeitverschub auch auf das kontinentale Klima projizieren.

Doch trotz der reichen Datenbeute steht die wissenschaftliche Klimaforschung noch am Beginn. Expeditionsleiter Ernst Augstein: „Die Prognosen über mögliche Klimaveränderungen durch einen Temperaturanstieg in der Atmosphäre sind aus der Sicht der Wissenschaft ziemlich unsicher.“

Das Alfred-Wegener-Institut wird zu 90 Prozent aus Bundesmitteln finanziert. Die BRD trat

1979 dem „Antarktisvertrag“ bei, um sich frühzeitig mögliche Ressourcen auf dem eisigen Kontinent zu sichern. Als Eintrittskarte mußte der Bund ein ständiges Forschungsinstitut im Eis errichten: die Georg-von-Neumayer Station.

Die Polar-und Klimaforschung wird möglicherweise Steigbügelfunktion für eine tiefgreifende geologische Erforschung der antarktischen Bodenschätze haben. Wenn die Antarktis-Staaten sich im nächsten Jahr nicht darauf einigen, die Bodenschätze dort unberührt zu lassen, wird das große Hacken um Ressourcen einsetzen.

mad