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Geschlechter im Wissenskampf

■ Frauenbeauftragte der Bremer Universität stellen sich vor / Quotierung soll überwacht werden

Stellen Frauen andere Fragen als Männer? Wenn dem so ist, ist der Mangel an der Beachtung weiblichen Denkens an den Universitäten ein Verlust für die Qualität von Forschung und Lehre. Dem wollen die neugewählten „zentralen Frauenbeauftragten“ der Universität Bremen abhelfen, die sich gestern auf einer Pressekonferenz vorstellten. Seit Mitte Juli gibt es dort die „Zentrale Kommission für Frauenfragen“.Sie tritt dafür ein, daß weibliche Studenten und Dozenten genauso wie ihre männlichen Kollegen behandelt werden und die gleichen Qualifizierungs-und Aufstiegschancen haben.

Bis es jedoch wirklich so ist, bleibt für die Frauenbeauftragten noch viel zu tun. „Fakt ist“, so Hannelore Schwedes, Hochschullehrerin im Fachbereich

Physik/Elektrotechnik, „daß bei gleicher Qualifikation immer noch Männer bevorzugt eingestellt werden.“ Durch die Novellierung des Bremischen Hochschulgesetzes ist zwar die Beseitigung der für Frauen an den Hochschulen bestehenden Nachteile festgelegt worden, in der Praxis scheint es jedoch noch nicht so ganz zu funktionieren. Beispiel der Frauenbeauftragten: Im Fachbereich Virologie schwebt noch ein Berufungsverfahren, bei dem ein Mann einzig und allein wegen seines Geschlechts bevorzugt werden soll. Hier setzt sich die Frauenkommission nun für die weibliche Bewerberin ein. Das Ergebnis wird noch erwartet.

Wichtigste Arbeitsvorhaben der Kommission sind die Überarbeitung der bereits seit drei Jahren geltenden Frauenförde- rungsrichtlinie der Universität und die Begleitung der Diskussion über Antidiskriminierungspläne in den Fachbereichen. Weiterhin setzen sie sich dafür ein, frauenspezifische Studieninhalte in den naturwissenschaftlichen Fächern zu schaffen, um den wissenschaftlichen weiblichen Nachwuchs zu fördern. Damit erst beim Studium anzufangen, meinte die Studentinnenvertreterin Kathrin Heinz, sei wahrscheinlich viel zu spät. Vielmehr müßten bereits die Lehrpläne in den Schulen verändert werden.

Ein erstes positives Ergebnis ist das Anfang dieses Jahres vom Bremer Senat beschlossene Sonderprogramm, das allein in Höhe von sieben Millionen Mark der Universität Bremen zugute kommt. Auch die Schaffung von Frauenforschungs-Professuren

an der Universität Bremen sei ein wichtiger Schritt. Demnächst soll im Fachbereich Rechtswissenschaft eine Hochschullehrerin für den Bereich „Recht der Geschlechterbeziehungen“ berufen werden. Solche Sonderprogramme sind jedoch auf Dauer nicht erstrebenswert.

Die Mitglieder der „Zentralen Kommission für Frauenfragen“ erhoffen sich für ihre Arbeit neben vorzeigbaren Ergebnissen eine Veränderung der Diskussionsatmosphäre in der Universität, denn letztlich muß es jedem einleuchten, daß eine Wissenschaft, in der die intellektuellen Fähigkeiten, das Denken und Fühlen, die Phantasie und die Ideen von Frauen weitgehend außen vor bleiben, nicht der Weisheit letzter Schluß sein kann.

Gudrun Pötke

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